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Aufbau-Hilfe

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Im April dieses Jahres wurde in der DDR der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) gegründet. Sein Ziel ist, beim Aufbau einer menschenwürdigeren Gesellschaft mitzuhelfen.

Die Mitglieder setzen sich zu- sammen aus Kleinunternehmern, die es trotz aller Schikanen fertig- gebracht haben, sich im alten Ar- beiter- und Bauernstaat Erich Honeckers zu behaupten, enteigne- ten Unternehmern, die um ihre al- ten Rechte kämpfen, Risikofreudi- ge, die entschlossen sind, trotz al- ler Unsicherheiten den Sprung ins Unternehmertum zu wagen und Angestellten, die in bereits vor- handenen Großbetrieben unter- nehmerisch tätig werden wollen. Das war in der DDR besonders für Katholiken bisher undenkbar.

Sofort nach Gründung hat der BKU eine Grundsatzkommission gebildet. Die ersten Vorschläge zum Übergang zu einer Sozialen Marktwirtschaft liegen vor.

Diese Vorschläge sehen folgen- dermaßen aus: Soziale Marktwirt- schaft setzt Privateigentum an Pro- duktionsmittel sowie an Grund und Boden voraus. Zu diesem Zweck muß das ehemalige Volksvermögen nach marktwirtschaftlichen Ge- sichtspunkten neu bewertet wer- den. Unrechtmäßig enteignete Ob- jekte müssen zurückgegeben und vom Gesamtwert des ehemaligen Volksvermögens abgesetzt werden.

Eine solche Privatisierung könn- te folgendermaßen aussehen: Ein Teil des Volksvermögens (zum Bei- spiel ein Drittel) wird der Bevölke- rung als kostenlose Anteilscheine A übergeben. Ein Teil wird der Bevölkerung zusätzlich ermäßigt als Anteilschein B verkauft und ein Teil wird als Anteilschein C zum Wert verkauft. Kaufen kann jeder, auch Ausländer. Neue oder umge- wandelte Betriebe aller Gesell- schaftsformen (also Personen- oder Kapitalgesellschaften) können ihr erforderliches Eigentum über sol- che Anteilscheine erwerben.

Der Verkaufserlös bildet in der Folge einen vom Staat gehaltenen Kapitalstock. Dieser wird für wirt- schaftliche Anschubf inanzierungen gleich verwendet. Dadurch, so die Hoffnung des Bundes Katholischer Unternehmer, entsteht in der DDR- Bevölkerung das dringend notwen- dige marktwirtschaftliche Denken.

Denn die ehemals volkseigene Wirtschaft, so die Kritik, ist nach wie vor noch in Händen der ehema- ligen SED-Kader, die jetzt auf Kosten der Steuerzahler in der Bundesrepublik marktwirtschaft- lich denken lernen sollen. Der BKU hingegen fordert:

• Alle ehemaligen General- und Betriebsdirektorenfunktionen müssen neu ausgeschrieben wer- den. Der Bewerber muß seine Qua- lifikation und ein Management- und Personalkonzept vorlegen.

• Der Neueinsatz erfolgt durch eine Personalkommission des Wirt- schaftsministeriums, in der auch Vertreter aus der Bundesrepublik tätig sind. Solche Personalentschei- dungen sollten weitgehend noch vor der Umwandlung in eine andere Gesellschaftsform erfolgen.

• Schnellstens zu bildende Be- triebsräte müssen an diesem Ver- fahren mitwirken.

• Bis zur Realisierung dieser Per- sonalentscheidungen muß der Handlungsspielraum der noch (kommissarisch) tätigen Direkto- ren durch den Wirtschaftsminister eingeschränkt werden. So sollte der Abschluß von Gesellschaftsverträ- gen, der Verkauf, die Neuverpach- tung oder -Vermietung von Volks- eigentum untersagt werden.

Außerdem sollten gesetzliche För- derungs- und Schutzmaßnahmen für die DDR-Unternehmensgrün- der geschaffen werden wie öffent- liche Bürgschaften zum Ausgleich nicht vorhandenen Eigentums, Investitionszulagen, befristete Steuerfreiheit, Existenzgründungs- kredite, Förderungsprogramme, mittelfristige staatliche.Kontrolle der Mieten für Gewerberäume sowie ein vom Wirtschaftsministerium finanziertes Beratungsbüro.

Laut BKU ist es nur so möglich, mittelständische Unternehmen ins Leben zu rufen, die auch für die notwendigen Arbeitsplätze und den herbeigesehnten wirtschaftlichen Aufschwung sorgen.

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