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Christen und Moslems: Partner

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Moslems und Christen sind zuallererst unter dem Anspruch zu sehen, mit dem sie von ihrem Namen her auftreten: als Vertreter zweier Weltreligionen, die den Menschen das Heil verkünden und wirken wollen.

Die Geschichte zeigt allerdings, daß ihre Beziehungen zueinander 1 nicht Frieden für die Menschen brachten, sondern statt dessen sehr oft Mißtrauen, Unheil und Gewalt. Einen Waffenstillstand gibt es zwar, seitdem in den letzten Jahrhunderten der Islam seine politische Macht verloren hat. Das gegenseitige Unverständnis aber besteht noch immer: zwei Welten, die einander fremd sind und auch gegen alle Bekehrungsversuche immun bleiben. Die großmütig lächelnde Toleranz, die man heutzutage in deutschen Landen gegenüber moslemischen Gastarbeitern findet, wenn sie den Forderungen ihres Glaubens nachkommen, bestätigt das nur, zumindest bei den meisten unserer Zeitgenossen.

Seit einigen Jahren allerdings, vor allem seit 1974, vollzieht sich - von der breiten Öffentlichkeit noch kaum bemerkt - eine unverhoffte Wandlung: die christlichen Kirchen, vor allem Rom, und Vertreter des Islam beginnen eine beinahe hektisch zu nennende Aktivität gegenseitiger Besuche und Gespräche, begleitet von Hoffnung und Vertrauen erwek- kenden Worten ihrer höchsten Repräsentanten. Parallel dazu offenbart sich auch wachsendes Interesse an der Basis.

Suchen jetzt die Religionen ihre schwindenden Überlebenschancen durch die Bildung einer „Heiligen Al lianz“ zu wahren? Oder dürfen wir hier ein Zeichen der Zeit erkennen: daß die Menschheit sich näher kommt und zur Einheit strebt? Daß die Entwicklung und das Wohl der Menschheit heute die Gemeinsamkeit und das

Zusammenwirken aller Kräfte brauchen, die glauben und wissen, daß der Mensch nicht leben kann vom Brot allein, sondern von jedem Wort aus dem Mund Gottes?

Das ist nicht weniger, als was die Väter des Vatikanischen Konzils wollen, wenn sie im Blick auf Muslim und Juden fordern, „das Vergangene beiseite zu lassen, aufrichtig um gegenseitiges Verständnis sich zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.“

Der Dialog zwischen den christlichen Kirchen und dem Islam ist nicht über Nacht entstanden. Er wurde von langer Hand vorbereitet, und es gibt bereits eine Reihe von Islamexperten, die an dieser Pionierarbeit mit-

gewirkt haben. Sollen aber die hoffnungsvollen Anfänge nicht Episode bleiben, dann muß sich das Bewußtsein einer breiteren Schicht des Kirchenvolks ändern. Das Kennenlernen des Partners ist dabei die vordringlichste

Aufgabe, sonst scheitert jeder Versuch zur Gemeinsamkeit an Mißverständnissen und Mentalitätsunterschieden.

(Aus dem Vorwort der Herausgeber zu „Moslem und Christen - Partner? Herausgeber M. Fitzgerald, A. Th. Khoury, W. Wanzura. Verlag Styria, Graz, 1979, 205 Seiten.)

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