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Neuer Frühling in Österreichs Kirche

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Unsere Kirche ist im Aufbruch. Wohl keiner, der Papst Johannes Paul II. bei seiner wohl jetzt schon historischen Polenreise sah, sprechen und singen hörte, kann mehr an diesem Aufbruch zweifeln. Mancher von uns. wird sich aber vielleicht die Frage gestellt haben, ob ein solcher Aufbruch, ein solches Freiwerden von geistigen und geistlichen Kräften - noch dazu in einem Regime, das den Glauben verneint und bekämpft - auch in unserem Land möglich wäre.

Die Kirche in Österreich wird oft - und oftmals zu Recht - als eine etablierte und hierarchische Institution angesehen, die zuständig ist für die äußeren Dinge, die ein Katholikenleben bezeichnen: Taufe, Hochzeit, Begräbnis.

Woran es aber bei vielen von uns Christen fehlt, ist die lebendige, unerschütterliche Gewißheit, daß wir Christen selbst Kirche sind, daß wir Kirche leben und täglich neu gestalten müssen.

Noch ist dieses Wissen in uns oft nicht ein Eckpfeiler des Lebens, manchmal scheint es sogar, als lebten die nicht allzuvielen „praktizierenden“ Christen in einer Art Diaspora, geduldet, aber nicht geliebt, ertragen, aber nicht Vorbild, in einer Umgebung der allgemeinen Gleichgültigkeit gegenüber Dingen des Glaubens.

Gleichzeitig aber taucht gerade in den letzten Jahren - und bezeichnenderweise nicht einmal so sehr bei den ganz jungen Leuten, sondern bei den „Nachkriegskindern“ - bei denen also, die Aufbau und Kampf um den Wohlstand erlebt und mitgemacht haben - immer massiver die Frage nach der Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens und damit die Frage nach den ewigen Werten auf. Hier, heute, hätte eine junge Kirche mit alter Tradition alle Chancen.

In diesem Sinn und mit diesem Anspruch an eine Junge Kirche mit alter Tradition“ haben sich in den letzten Jahren, auch schon Jahrzehnten, Gruppen gebildet, deren Mitglieder mit-

einander versuchen, Kirche lebendig und glaubhaft zu leben.

Ihrer äußeren Form nach wohl verschieden, haben diese Gruppen aber die gemeinsamen Intentionen: Sie leben und gestalten bewußt Gemeinschaft, sei es beim gemeinsamen Gebet, sei es bei einem gemeinsamen Gespräch, auch das gemeinsame Essen als Ausdruck des Teilens miteinander gehört dazu. Sie teilen einfach die Alltäglichkeit miteinander.

Die Mitglieder dieser Gruppen kommen aus den verschiedensten Altersstufen und Berufen, manchmal auch aus verschiedenen Konfessionen. Einig aber sind sie sich alle in ihrem Hingerichtetsein auf Chri-

stus, in ihrem Wunsch und Bestreben, ihm, den sie als Zentrum ihres Lebens wissen, nachzufolgen.

Und etwas verbindet sie ganz besonders: einmal eine bewußt gemachte positive Einstellung zum Leben, die Grundlage dafür christliche Freude, eine Einfachheit und Unbeschwertheit den materiellen Dingen gegenüber, die sie nicht so anfällig macht für die Gefahren der „Dinge dieser Welt“, für Machtstreben und Erfolgszwang; schließlich eine Hoffnung, die versucht, ihr Leben und das anderer Christen offener, auf die Zukunft hin zu richten. Auf die Hoffnung, die uns Christus mit seinem Auftrag, hier und jetzt zu leben, und den Blick auf das ewige

Leben gerichtet zu halten, gegeben hat.

Aus einer Vielzahl bestehender kleiner Gruppen oder Gemeinden seien nur die Fo-kolare-Bewegung, die Cursil-lo-Gemeinschaft und die „Bewegung für eine bessere Welt“ genannt.

Lernt man Mitglieder dieser Gruppen kennen, so fällt an ihnen allen auf, daß sie Freude und Gelassenheit ausstrahlen. Ein wesentliches Moment solcher oder ähnlicher Gruppen ist nämlich auch der psychohygieni-sche: Die Menschen, die in solchen Gruppen leben, fühlen sich angenommen und geliebt.

Man fühlt es, daß sie keine Angst haben, übervorteilt, gehetzt, alleingelassen zu werden. Sie investieren im Namen ihres Herrn viel an Liebe und Kraft, aber sie bekommen ihren Einsatz auch voll und doppelt zurück.

Wenn auch nicht jeder von uns einer dieser neuen Bewegungen innerhalb der christlichen Kirchen angehören kann oder will, so wäre doch ein Leben, das sich bewußt unter die Leitung von Christus stellt, eine gewaltige Aufgabe und eine gewaltige Chance, aus einem Dasein ein kühnes und stolzes Leben zu machen.

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