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Da wäre noch viel zu verbessern
Es beginnt beim Kaffeelöffel, der, einmal hinuntergefallen, solange am Boden bleibt bis jemand, der in der Lage ist, sich zu bücken, ihn aufhebt. Und es reicht soweit, daß ein Großteil der Österreicher von Freunden, die sich mittels Rollstuhl fortbewegen, nicht besucht werden können.
Es beginnt beim Kaffeelöffel, der, einmal hinuntergefallen, solange am Boden bleibt bis jemand, der in der Lage ist, sich zu bücken, ihn aufhebt. Und es reicht soweit, daß ein Großteil der Österreicher von Freunden, die sich mittels Rollstuhl fortbewegen, nicht besucht werden können.
Behindertengerechtes Bauen ist hierzulande keine Selbstverständlichkeit. Noch immer werden „Behindertenwohnungen" gern von Politikern eröffnet. Die baulichen Barrieren und die fehlende behindertengerechte Ausstattung öffentlicher Verkehrsmittel zwingt etliche Betroffene in das Ghetto der eigenen vier Wände. Eine zusätzliche Behinderung entsteht durch das fehlende Bewußtsein für diese Bedürfnisse bei etlichen Entscheidungsträgern.
Derzeit sind in Österreich rund 500.000 Personen bewegungsbehindert. Die Erscheinungsbilder reichen von der eingeschränkten Motorik einzelner Gliedmaßen bis zur völligen Lähmung. Auch die Ursachen sind höchst unterschiedlich.
Schäden, die bereits vor oder bei der Geburt entstehen, wie beispielsweise die cerebrale Kinderlähmung führen oft auch zu schweren Entwicklungsstörungen. „Denn", erläutert Universitätsdozent Ernst Berger, Leiter der Abteilung für entwicklungs-gestörte Kinder und Jugendliche im neurologischen Krankenhaus Rosenhügel, „die menschliche Bewegung umfaßt nicht nur die biologische, sondern auch die psychische und soziale Ebene.
Die zweite, durch die steigenden Unfallzahlen immer größer werdende Gruppe sind später erworbene Schäden des Zentralnervensystems.
Die Auswirkungen reichen von der schlaffen Lähmung, bei der der Muskel keinerlei Impulse mehr erhält über die Muskelverspannungen der Spastiker, die oft mit Gleichgewichtsund Haltungsstörungen einhergeht bis zur Störung der Bewegungskoordination und Zitterbewegungen aus rein psychischen Ursachen.
Bei diesen beiden Gruppen handelt es sich um Bewegungsstörungen, die keine Verschlechterungen zeigen. Im Gegensatz dazu kommt es bei den -wesentlich seltener auftretenden -neuromuskulären Erkrankungen zu fortschreitenden Krankheitsbildern.
Iris* gehört zu dieser kleinen Gruppe. Nach der Polio-Impfung erkrankte sie noch als Säugling an Muskelatrophie, volkstümlich Muskelschwund. Ob die Impfung Auslöser der Krankheit war, konnte nie eindeutig geklärt werden. „Was wäre, wenn nicht..."-Gedanken macht sich die Studentin nicht mehr. Sie konnte nie gehen. Wenn sie sich in der Nacht im Bett umdrehen möchte, ist sie auf „fremde" Hilfe, die natürlich möglichst vertraut sein soll, angewiesen. Für Spontanität läßt ihr die Krankheit wenig Raum.
Der Tagesablauf ist durchorganisiert. Aufstehen mit Unterstützung einer Heimhelferin - kommt die einmal nicht, muß Iris im Bett bleiben. Es ist ihr in unserem derzeitigen Sozialsystem auch nicht möglich, sich jenen Menschen, der ihr beim Aufstehen, Waschen und Anziehen hilft, selber auszuwählen. Gegen diese Entmündigung kämpft sie verbissen.
Keine geeignete Toilette
Auf der Universität kann sie nicht den wesentlich angenehmeren Elek-tro-Rollstuhl benützen, sondern muß sich im Handbetrieb über Stiegen tragen und durch Gänge schieben lassen. In „ihrem" Institutsgebäude gibt es keine (!) behindertengerechte Toilette. Sie studiert Slawistik und engagiert sich mit Elan in der Hochschulpolitik. Nach der Devise „Lieber Aggression als Resignation".
Daß Integration möglich ist, weiß sie seit dem Besuch der Handelsakademie in Wiener Neustadt. In Wien fand sich kein baulich geeignetes Gymnasium. In Wiener Neustadt waren von 1.000 Schülern zehn behindert. Iris war bei jedem Wandertag dabei und natürlich auch bei der Matura-Reise auf Rhodos.
Um vorhandene Bewegungsmöglichkeiten nicht durch Fehlhaltungen und mangelnde Übung zu verlieren, kommt der therapeutischen Beobachtung bei allen Formen der Bewegungsbehinderung eine besondere Bedeutung zu. Bei cerebral bewegungsge-störten und mehrfachbehinderten Kindern hat man schon seit einiger Zeit erfolgreich einen ganzheitlichen Weg eingeschlagen. Die Muskelverspannungen, Gleichgewichts- und Haltungsstörungen sind oft mit Beeinträchtigungen der Sinne und der Sprache verbunden. Eine möglichst früh einsetzende intensive Therapie und erzieherische Förderung ist daher notwendig, um möglichst normale Bewegungen und eine größtmögliche Selbständigkeit bei Alltagshandlungen zu erreichen.
Spastiker eingliedern
Diese „Konduktive Erziehung" wurde von Professor Petö in Ungarn entwickelt und in Österreich im Verband der Spastiker-Eingliederung von Helga Keil erfolgreich praktiziert. Mit dieser Methode kann das Kind den Lernprozeß aktiv steuern und übernimmt so rasch Eigenverantwortung. Soziale, motorische, kognitive und sprachliche Ziele werden gleichzeitig verfolgt. Der gleichbleibende Ablauf der Lernprogramme erleichtert die Orientierung. Die Eltern sind von Anfang an in die Therapie eingebunden.
Dieses Training erfolgt je nach Alter und Behinderungsgrad des Kindes in Tagesheimen, Wohngruppen, Schulgruppen, Berufsanbahnungs- und Ausbildungsgruppen. Aus Raummangel müssen die Aufnahmezahlen schon seit einigen Jahren gedrosselt werden. Es ist also höchste Zeit, daß hier einiges in Bewegung kommt. * Name von der Redaktion geändert.
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