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Das Modell Gott

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Gott sei Dank gibt es das nicht, was sich 60 — 80 Prozent der Zeitgenossen unter Gott vorstellen (Rahner). Wie auf anderen, auch wissenschaftlichen Gebieten, so können wir uns auch von Gott — und da erst recht — nur Modelle machen.

Zwei prominente protestantische Theologen unternehmen es, Mißverständnisse um Gott und Glauben auszuräumen, den ün-f aßlichen Gott von den jeweiligen Gottesvorstellungen zu unterscheiden.

Der als Dichter bereits berühmte Schweizer Pastor Kurt Marti kommt in seinem „Nachdenken über Jahwe", mit dem er sein Buch einleitet, zu dem Ergebnis, daß Gott als „leidenschaftlich Liebender" — so Martis Deutung des Namens Jahwe aus der arabischen Wurzel hwj — sich auf keine Begriffe (Vater — Herr) festlegen läßt, sondern ein Gott des Exodus ist, der „herausführt" aus allen menschlichen Vorstellungen, die so leicht zu Ideologien umgemünzt werden. ,

Wie weit er in den folgenden Essays „zeitgemäßen" Vorstellungen (Demokratisierung z.B.) unterliegt, darüber kann man streiten, auf jeden Fall sind sie anregend und sprachlich gewandt formuliert.

Auch Zahrnt zitiert als Motto jenen Ausspruch Rahners, dazu aber auch Wittgenstein: An einen Gott glauben heißt sehen, daß es mit den Tatsachen der Welt noch nicht abgetan ist, daß das Leben einen Sinn hat.

Der heutigen Glaubensverdrossenheit bis -Unfähigkeit zeigt er Möglichkeiten eines neuen Anfangs. Aber es gibt keinen Anfang beim Punkte Null, wir leben in geschichtlicher und sozialer Umwelt, empfangen also Traditionen. Es gilt also, die Erfahrungen und Lehren aus zweiter Hand in solche aus erster Hand zu verwandeln.

Wir leben wohl „nach" Christus, aber viele leben noch „vor" Christus, weil sie sich ihren Glauben immer nur anpredigen oder vorbeten ließen. So bleibt der Glaube unerfüllt oder gar unglücklich. Aber wie eine unerfüllt bleibende Liebe intensiver sein kann als eine eingeschlafene, so kann auch Glaubensnot fruchtbarer sein als Glaubensroutine.

WIDERSPRUCH FÜR GOTT UND MENSCHEN. Aufsätze und Notizen. Von Kurt Marti. F.H. Kerle Verlag, Freiburg 1982. 128 Seiten, öS 127,70.

WESTLICH VON EDEN. Zwölf Reden an die Verehrer und Verächter der christlichen Religion. Von Heinz Zahrnt. Piper Verlag, München 1981. 238 Seiten, kart., öS 150,50.

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