6883890-1979_19_12.jpg
Digital In Arbeit

Der Journalist: faul und oberflächlich?

Werbung
Werbung
Werbung

Man kann und darf es nicht verheimlichen: Der Journalist ist in Österreich (aber auch anderswo) kein sehr geschätzter Beruf. Einer Umfrage zufolge rangiert er in einer Liste von 14 Berufen, die von Arzt, Pfarrer, Lehrer und Universitätsprofessor angeführt wird, hinter Politiker, Architekt und Schauspieler an vorletzter Stelle. Nur Beamte haben in der Öffentlichkeit ein noch geringeres Ansehen.

Die Untersuchung von Maximilian Gottschlich vom Institut für Publizistik an der Universität Wien und Fritz Karmasin vom österreichischen Gal-lup-Institut, die eine neue - begrüßenswerte - „Schriftenreihe für angewandte Kommunikationsforschung“ einleitet, führt auch die Kriterien an, die für das Ansehen eines Berufes ausschlaggebend sind und beim Journalisten offenbar kaum zutreffen: v

• eine vorstellbare Aufgabenbeschreibung

• das Wissen und die Vorstellungen über den Werdegang und die Ausbildung dieser Personengruppe

• damit verbunden die Beschreib-barkeit des Tätigkeitsbereiches

• unmittelbare Kontaktmöglichkeit

• Vorstellungen über Berufs- und Verhaltenskodex

• eine adäquate Einschätzung der sozialen Funktion, also die Wichtigkeit für die Gesellschaft.

Aus den Antworten zur Frage über die Ausbildung der Journalisten geht nicht genau hervor, ob hier Vorstellungen über den Ist- oder den Soll-Zustand geäußert werden. 49 Prozent sprechen von einer Journalistenschule, 42 Prozent von einer abgeschlossenen Mittelschule, 36 Prozent von einer Lehrzeit in der Redaktion, und 18 Prozent halten ein Hochschulstudium für eine Voraussetzung dieses Berufs.

Ungeachtet des geringen Ansehens des Berufes Journalist, würden 58 Prozent einem jungen Menschen, der die Chance hat, diesen Beruf zu ergreifen, dazu raten und nur 30 Prozent davon abraten.

Besonders interessant, aber vielleicht noch deprimierender ist der Vergleich mit den Spitzenberufen Arzt, Pfarrer, Universitätsprofessor hinsichtlich bestimmter Eigenschaften. An letzter Stelle in diesem Quartett liegt der Journalist bei den Begriffen: unbestechlich, selbstbewußt, speziell ausgebildet, gut informiert, kritisch, objektiv, schöpferisch, männlich, aktiv, idealistisch und wahrheitsliebend. Den ersten Platz hält er nur bei den Eigenschaften: jung, sportlich, politisch abhängig, faul und oberflächlich.

Ein kleiner Trost ist die deutliche Zustimmung zu dem Satz „Eine Demokratie kommt ohne freien Journalismus nicht aus“ und die deutliche Verneinung der Meinung „Journalist wird nur einer, der in anderen Berufen keine Chancen hat“.

Besonders hart fällt das Urteil der eigens befragten 23 Politiker aus, die beispielsweise deutlich den Satz „Journalisten reden nur dort mit, wo sie auch etwas verstehen“ verneinen und den Journalisten, die sie als „Quasi-Politiker“ betrachten, Oberflächlichkeit und Opportunismus vorwerfen.

Die Journalisten selbst sind sich bewußt, von den Politikern als „Quasi-Politiker“, die selbst versuchen, politische Meinung zu machen, gesehen zu werden. Selbst fühlen sie sich aber eher als „Interpreten, die für ihr Publikum die politischen Sachverhalte deuten“.

Während die Politiker von den Journalisten vor allem moralische Integrität, breites Allgemeinwissen und sprachliche Darstellungsfähigkeiten verlangen (und am ehesten letztere als gegeben bezeichnen), kommt nach der Wunschvorstellung der befragten 50 Journalisten ein breites Allgemeinwissen nebst sprachlicher Darstellungsfähigkeit noch vor der moralischen Integrität. In der Realität liegt für die Journalisten aber besonders die sprachliche Darstellungsfähigkeit im argen.

In der Frage der Journalistenausbildung, deren Lösung vermutlich Voraussetzung für ein höheres Ansehen des Berufes ist, plädieren 32 Prozent der Journalisten für die Absolvierung eines Sachstudiums (ausgenommen Publizistik!), 26 Prozent für einen Eintritt in eine Redaktion nach Schulabschluß mit dem Besuch begleitender Aus- und Fortbildungskurse, 18 Prozent für ein Fachstudium Publizistik in Kombination mit einem Sachstudium, nur 16 Prozent für eine eigene Journalistenakademie und 8 Prozent für eine alleinige Ausbildung in der jeweiligen Redaktion nach'Schulabschluß ohne organisierte Weiterbildung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung