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Eine empirische Erhebung gießt die österreichischen Journalisten erstmals als Gesamtheit in Zahlen. Doch wer darf sich überhaupt dazu zählen?

Es gibt nicht viele Berufe, die so mythenumrankt sind wie der des Journalisten. Kettenrauchende Studienabbrecher, die als unterbezahlte, rasende Reporter unterwegs sind, so etwa sieht wohl die landläufige Vorstellung aus.

Diese Mythen mit empirischen Daten zu füttern, war das Ziel einer empirischen Erhebung zum Berufstand der österreichischen Journalisten des Medienhauses Wien. Das Ergebnis: Der durchschnittliche männliche Journalist ist 41,9 Jahre alt, hat eher keine akademische Ausbildung (29,2 Prozent) und verdient mehr als 3000 Euro im Monat (57,9 Prozent). Die durchschnittliche Journalistin ist 37,8 Jahre alt, hat schon eher eine akademische Ausbildung (40,8 Prozent) und verdient weniger als 3000 Euro im Monat (31,6 Prozent). Beide arbeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von 66,8 Prozent im Printbereich, und dort mit einer Wahrscheinlichkeit von 19,3 Prozent im Ressort Chronik.

Immer mehr Akademiker

Soviel zum Durchschnitt. Interessanter sind die Querverbindungen. So sind unter den jüngeren Journalisten häufiger Frauen und sie sind häufiger akademisch gebildet. "Es heißt immer, um Journalist zu werden, muss man nicht studiert haben. Die Realität der Rekrutierungspolitik ist aber eine andere: Mittlerweile wird ein abgeschlossenes Studium eigentlich vorausgesetzt", interpretiert Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien die Ergebnisse. Dass die Frauen zwar bei der akademischen Bildung die Nase vorne haben, gehaltsmäßig aber deutlich schlechter dastehen als ihre männlichen Kollegen, kommt nicht überraschend. Für Engelbert Washietl, den Vorsitzenden der Initiative für Qualität im Journalismus, bestätigt die Studie die Erfahrungen an den Ausbildungsstätten. "Der starke Überhang der Frauen bei den Jüngeren wird sich mit der Zeit auch in Gehaltsbezügen und Positionen niederschlagen." Bisher hat nur eine von zehn Journalistinnen eine Führungsposition inne. Der Frauenanteil insgesamt hat sich in den letzten 15 Jahren allerdings schätzungsweise verdoppelt.

"Vieles wusste man tendenziell bereits", erklärt Studienautor Kaltenbrunner. "Mit solchen Vermutungen wurde aber immer ziemlich beliebig umgegangen, wie es eben gerade gepasst hat. Wir wollen seriöse Basisdaten zur Verfügung stellen."

Dass es in Österreich bisher keine derart groß angelegte Sozialstatistik der Journalisten gab, hat allerdings gute Gründe. Denn diesen Beruf in Zahlen zu gießen fällt schon aus Definitionsgründen nicht leicht. Wer ist denn eigentlich ein Journalist? Professionalisierungsmerkmale sind bei einem freien Beruf nicht empirisch festzuhalten, und die Grenzen zwischen Berichterstattung einerseits und PR andererseits verschwimmen immer häufiger.

Eine handfeste Definitionsgrundlage versuchte man daher aus den in Österreich reichlich vorhandenen Gesetzen, Kollektivverträgen und OGH-Urteilen herauszufiltern. Über ein erforderliches Mindestgehalt siebte man jene rund 900 Personen aus, die als freie Mitarbeiter regelmäßig, aber nicht hauptberuflich journalistisch arbeiten. Über die Definition eines inhaltlichen Ziels der Information versuchte man sich jener Medien zu entledigen, die den Interessen eines Auftraggebers verpflichtet sind. Alle Kriterien erfüllten schließlich 7100 Personen.

Klare Grenzen ziehen

"Es gibt viele Grauzonen. Man muss Grenzen ziehen zwischen eindeutigen Interessenslagen und übergeordneten ideologischen Zugehörigkeiten", meint Studienautorin Astrid Zimmermann. Kirchenzeitung ja, Kathpress nein, wäre ein praktisches Ergebnis solcher Überlegungen. Dass man über Grenzfälle streiten kann, ist den Autoren bewusst. "Was wir tun müssen, ist ganz klar zu sagen, wie wir definiert haben."

Engelbert Washietl ist froh über die deutliche Grenzziehung zu benachbarten Professionen. "Es gibt einen Unterschied zwischen jemandem, der Information verbreiten will, und jemandem, der ein Image verbessern möchte. Letztere schreiben vielleicht schöne Geschichten, aber sie sind keine Journalisten." Eine klare Trennung sei heute wichtiger denn je.

www.medienhaus-wien.at

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