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Andreas Hofers Erben

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Die Einstellung der 15- bis 19jährigen Tiroler zu den Grundwerten der Gesellschaft sollte durch eine Erhebung ergründet werden, die vom Institut für Landesentwicklung durchgeführt wurde. Die Projektleitung besorgten Gerhard Marinell und Herwig van Staa von der Universität Innsbruck.

Mehr als 1.400 Jugendliche der genannten Altersgruppe wurden zu Beginn dieses Jahres, stellvertretend für ihre über 55.000 Alterskameraden, mit einem umfangreichen Fragebogen konfrontiert. Das Ergebnis liegt nun vor.

Überrascht ist man vor allem über die hohe Zustimmung zu den überlieferten Werten. Ehrlichkeit, Verläßlichkeit, Toleranz und Zivilcourage stehen bei den jungen Tirolern hoch im Kurs. Hingegen stehen Reichtum und Berühmtheit an letzter Stelle in der Reihung der von den Vorbildern gewünschten Eigenschaften.

Eine weitere Überraschung ist das relativ hohe Interesse der Tiroler Jugend an Politik. Immerhin zeigen sich 56 Prozent der Befragten daran interessiert. Die Zahl der .Aktiven” ist mit zehn Prozent nicht so gering, obwohl die etablierten Parteien keine allzu große Zugkraft besitzen. Wie eine Umfrage in Vorarlberg ergab, ist dort die sogenannte Politikerverdrossenheit unter Jugendlichen viel größer.

Elf Prozent der Tiroler in der befragten Altersgruppe zeigen Sympathie für grün-alternative Gruppierungen. Trotz eines wachen politischen Interesses ist die Meinung der Jugend von den Politikern nicht gerade optimal. Den arrivierten Repräsentanten der Politik wird Ämterhäufung, Verschwendung, Machtstreben, Unehrlichkeit und Korruption vorgeworfen.

Einigermaßen erstaunt ist man im „heiligen Land Tirol” über die Einstellung der Jugend zur Religion und ihren offiziellen Vertretern. Zwar bezeichnen sich mehr als die Hälfte der Befragten als religiös und weitere 35 Prozent als wenig religiös und besuchen 62 Prozent mehr oder weniger regelmäßig einen Gottesdienst, doch die Kompetenz von Priestern und Religionslehrern wird sehr gering eingeschätzt.

Während die Eltern als positive Einflußgrößen in religiösen Fragen hervorgehoben werden, erkennen mehr als die Hälfte der Befragten in Religionslehrern und Priestern keine Vorbildeigenschaften. Sogar 55 Prozent der Befragten gaben an, der Religions-

Unterricht habe ihre Glaubensüberzeugung nicht gefördert.

Auf die Frage nach den Freizeitinteressen erklärten 54 Prozent der Befragten, daß sie ihre Freizeit am liebsten mit Freund oder Freundin gestalten. Es folgen: aktiver Sport, Reisen, Disco-Besuch und Fernsehen sowie Theater-und Konzertbesuch.

Auffallend ist der hohe Grad der Gruppenzugehörigkeit. Uber 90 Prozent der Jugendlichen gehören einem Freundeskreis an, 37 Prozent sind Mitglied eines Sportvereines, 14 Prozent eines Musikvereines, zwölf Prozent einer religiösen Gruppe und zehn Prozent sind bei der Feuerwehr.

Bei der Frage nach Freizeitmedien ist der hohe Beliebtheitsgrad der in Tirol hörbaren Südtiroler Privatsender (Radio Brenner/Zi-rog) auffallend.

Fast 70 Prozent der Jugendlichen verfügen ständig über ein Kraftfahrzeug. Der hohe Motorisierungsgrad, verbunden mit häufigem Alkoholgenuß, dürfte Mitursache der zahlreichen Verkehrsunfälle sein, in die Jugendliche verwickelt sind.

Zu Ehe und Sexualität hat die heutige Tiroler Jugend eine wesentlich freiere Einstellung als ihre Vorfahren. Man bekennt sich zur Familie, die Institution der Ehe wird aber nicht als unbedingte Voraussetzung für ein glückliches Familienleben angesehen. Vom Partner erwartet man sich jedoch vor allem Treue, Verläßlichkeit und Kinderliebe.

Zwei Drittel der Befragten sprachen sich für die .Aktion Leben” zum Schutz der Ungeborenen atn&Sevorzugte Ratgeberin in allen Lebensfragen ist nach wie vor die Mutter. Der Vater wird bei beruflichen Problemen zu Hilfe gerufen. Freund oder Freundin haben ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert als Ratgeber.

Mit der Schule sind die befragten Jugendlichen weitgehend zufrieden. Der große Frust tritt empirisch jedenfalls nicht in Erscheinung. Auch mit dem angebotenen Lehrstoff zeigt man sich einverstanden, ausgenommen den musischen Bereich, den man stärker berücksichtigt haben möchte.

Auch die Arbeitssituation wird von den bereits berufstätigen Jugendlichen positiv beurteilt, hingegen herrscht Sorge um den Arbeitsplatz. Die Arbeitslosigkeit steht denn auch an erster Stelle der Antworten in der Rubrik „zu lösende Probleme”, gefolgt vom Umweltschutz.

Einigermaßen erstaunt sind die Bearbeiter der Umfrage auch über die Antworten zum Thema Bundesheer. Drei Viertel der jungen Tiroler befürworten das Heer, rund ein Drittel wünscht sich dafür eine bessere Ausrüstung. Für den Zivildienst wünschen sich 65 Prozent der Befragten eine Gleichstellung mit den Bedingungen des Präsenzdienstes. Sehr hoch ist aber auch die Zustimmung zu jeder Form von Friedenssicherung.

Konsumverzicht zugunsten der Dritten Welt, bedürftiger Mitbürger und des Umweltschutzes wird von einem hohen Prozentsatz der Befragten befürwortet. Gleichzeitig geben sich aber nur acht Prozent mit einem bescheidenen Lebensstandard zufrieden.

Rund 65 Prozent der Befragten lassen auch eine pessimistische Grundhaltung in bezug auf die gesellschaftliche Entwicklung erkennen. Trotzdem finden 98 Prozent der Jugendlichen in Tirol das Leben sinnvoll und nennen als Voraussetzung für eine sinnvolle Lebensführung: Gesundheit, gute Freunde, gute Ehe, berufliche Erfüllung und Sicherheit.

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