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Die Leistung soll entscheiden

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Daß unsere GeseUsdiaft etwas leisten muß, um weiterzukommen, ist allen klar; weder die Methode noch die sidi ihrer bedienenden Personen dürfen allzu orthodox sein. Die Sdilüsselfuniktionen sollen mit Leuten besetzt sein, die die fachlichen Qualitäten mitbringen und möglidist leistungsgeredit bezahlt werden, weil ein Guter noch immer besser ist als zehn Mäßige.

Diese schwer widerlegbaren Feststellungen hört man immer wieder von Seiten derer, die das Abenteuer der staatlichen Verwaltung bezahlen — oder zumindest beihaupten, es 2SU tun — mit einer Steuerleistung, die mit eigenem Risiko und rationeller Arbeit aulgebracht wird, und die dann sehr wohl das Recht haben, sich darüber zu ärgern, wenn dieses Geld aus leistungsfeindlichen Prinzipien nach Schema F oder anderen eingefahrenen Vorstellungen, in der Auswirioung leistungsfeindlich und daher weit unter dem optimalen Ergebnis, verbraucht wird. Das ist die Meinung eines jeden rechtdenkenden Mannes, insbesondere «ber j^M „recht«"-4«nkenden. Er selbst Vertritt sie, und die 2Jeitungen, die er liest und die ihn informieren, tun das seit langem und unermüd-lidu Hin und wieder fragt man sich allerdings, ob sie es auch immer tun. Da wäre zum Beispiel das Bimdes-heer. Mit seiner Leistung war niemals wer so redit zatiiedem. In den letzten zehn Jahren zumindest nidit. Das dienende Volk nidit und nicht das zahlende. Dieses Bundesheer dürfte demnach die Zielvorstellun-gen nicht erreicht haben, also sicher-lidi nicht effektiv genug gewesen sein. Daß diese Diagnose stimmt, beweist die Popularität des Vorhabens der Reform und ihre von allen Verantwortlichen mit keinem Wort bestrittene Nützlichkeit. Aber, um Besseres zu finden, bedarf es — siehe oben — optimierter Methoden und Männer, die diese Methoden in Wirklich,keit umsetzen. Nun, die Methode, so scheint es, haben wir gefunden. Reformkommission und politische Parteien sind sidi im Prinzip einig. Die Differenzen liegen in den Verfahrensfragen.

Also kommen jetzt die entscheidenden Männer in der Verantwortung der Steuerzentralen zum Tragen. Über die alten hat man ja reichlich gesdiimpift: Wehrmachtsdenken, altmodisches oder überhaupt kein Konzept, schlechte Öffentlichkeitsarbeit — all das und etliches sonst noch wurde ihnen vorgeworfen. Zu Recht, zu Unrecht? Die Leist\mig allein entscheidet, und die wurde — wieder siehe oben — als ungenügend erkannt. Also Besseres! Und eben auch bessere Männer, die nicht identifl-zierbar sind mit jener harten Kritik. Aber was geschieht wirklidi? Eine erste Stellenibesetzung zum Beispiel, deren Notwendigkeit unbestreitbar gegeben war, wenn einer der wichtigsten Posten, nämlich die Presseabteilung, eines ganzen Ressorts in vier entscheidenden Monaten nicht besetzt ist, stieß auf Unverständnis und verblüffend scharfen Widerstand. Dieser Posten also wurde genau für die entsprechende Zeit einem Fachmann anvertraut; einem, der Fachlragen aus profundem Berufswissen heraus beantworten bann, der in dieser Sparte Lehrer war, durch viele Jahre. Und worüber eigentlich soll der Pressesprecher des Bundesheeres Auskunft geben den fragenden Vertretern der Massenmedien, wenn eben nicht zum Fach? Von Presseangelegenheiten, dem Handwerklichen ilires Metiers, verstehen Journalisten selbst doch am meisten und fragen auch nicht danach. Sie fragen nach dem Fachlichen, und hier wären sie durch den Fachmann am fairsten bedient. De facto aber war die Reaktion auf diese stellvertretende SteUenbeset-z)ung erstaimlich: von „Macäitergrel-fung durch den Generalstab" bis zu „Maulkorbbestrebungen" zog sich das Register der Kritik, und am heftigsten von jener Seite, die doch sonst — sehr zu Recht — der Leistung das Wort spricht. (Abgesehen davon, daß eine derartige Besetzung einem internationalen Brauch, selbstverständlich auch der westlichen Demokratien, entspricdit, nämlich zu Fachfragen Experten antworten zu lassen; im Pentagon gilt das ebenso wie in Bern und natürlich auch in Paris und Bonn und sonstwo.) Fragen der Anciennität sollten doch nur bei Leistungsvergleichbar-keit entscheiden, die hier keineswegs auch nur möglich ist, weil der Posten ja tatsächlich nicht besetzt ist und nirgends das Nachlolgerecht von Stellvertretern besteht Wird derartiges Reagieren aber zur Maxime, so wird man nirgendwo, und auch nicht beim Bundesheer, Reformen durchführen können und die Verantwortung für den obersten Mann, den Ressortchef, allmählich untragbar werden. Das kann selbstverständlich nicht generell und für alle Positionen gelten, aber für die zentralen Steuerpositionen müßte eine gewisse Elastizität nach Leistungsund Kollaborationsvertrauen, als Voraussetzjung für jede Reform auch innerhalb der Verwaltung genauso akzeptiert werden wie in der Wirtschalt, sonst kann es doch nicht gehen! Das Neue nämlich und das hoffentlich Bessere. Natürlich darf das niemals zu einem „Köplerollen" lühren, aber doch zu einer Umbesetziing dort, wo sie menschlieh möglich und sozial vertretbar ist. Wenn nämlich nicht einmal das erlaubt ist, dann soll man nicht mehr von Weiterentwicklung oder gar Verbesserung sprechen, sondern ehrlich von Sicherheit um jeden Preis mit garantiertem Niveauverlust. Und gerade die konservative Presse soll doch bedenken, daß es hier etwas sehr Ernsthaltes mit dem sonst hohl gewordenen Wort „Leistungsdenken" au verteidigen gibt: gesellschaftspolitische Prinzipien nämlich und nicht politische Eintagsfliegen.

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