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Die SPÖ will einen Konflikt vermeiden

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Am 31. März lief die Begutachtungsfrist für einen vom Innenministerium erarbeiteten Beamtenentwurf für ein neues Personenstandsgesetz (FURCHE25/1980) ab. Nicht nur kirchliche Stellen, sondern auch Landesregierungen und Rechtsanwälte stießen sich an einem Punkt: daß künftig für die Eintragung in die Personenstandsbücher nicht mehr nach dem Religionsbekenntnis gefragt werden sollte. Noch im heurigen Jahr ist mit einem endgültigen Entwurf zu rechnen. Die FURCHE sprach mit SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha und Innenminister Erwin Lanc, um zu erfahren, was von der Regierungsvorlage zu erwarten ist

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Am 31. März lief die Begutachtungsfrist für einen vom Innenministerium erarbeiteten Beamtenentwurf für ein neues Personenstandsgesetz (FURCHE25/1980) ab. Nicht nur kirchliche Stellen, sondern auch Landesregierungen und Rechtsanwälte stießen sich an einem Punkt: daß künftig für die Eintragung in die Personenstandsbücher nicht mehr nach dem Religionsbekenntnis gefragt werden sollte. Noch im heurigen Jahr ist mit einem endgültigen Entwurf zu rechnen. Die FURCHE sprach mit SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha und Innenminister Erwin Lanc, um zu erfahren, was von der Regierungsvorlage zu erwarten ist

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In Beamtenkreisen ist man ziemlich sicher: Der heftig kritisierte Begutachtungsentwurf für ein neues Personenstandsgesetz wird total umgearbeitet. Und dem Vernehmen nach deutet vieles darauf hin, daß das Religionsbekenntnis so wie bisher in den Personenstandsbüchern aufscheinen wird.

Aber auf die Beamten kommt es dabei letztlich nicht an. „Das ist ja keine Frage, über die wir nach eigenem Ermessen befinden können", unterstreicht ein zuständiger Beamter die Schwierigkeiten, „sondern da fällt die Entscheidung höheren Orts. Das ist ja ein politisches Problem."

Höheren Orts: das ist die Regierung, die den Gesetzentwurf dem Parlament zuleiten muß; und das ist die Regierungspartei, die mit ihrer Mehrheit -notfalls auch allein - ein Personenstandsgesetz beschließen kann.

SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha, mit dem die FURCHE ein Gespräch führte, erklärte zwar, „daß die Sache noch nicht entschieden ist", verweist aber auf ein Gespräch mit dem Sekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Prälat Alfred Kostelecky, in dem er, Blecha, die vorgetragenen Argumente gegen einen Wegfall des Religionsbekenntnisses „voll und ganz akzeptiert" habe.

„Und quot;, fügt der SPÖ-Zentralsekretär hinzu, „ich habe auch eine Verwendungszusage gemacht, mich dafür einzusetzen, daß es bei einem Gesetz zu keiner Eliminierung des Religionsbekenntnisses kommt."

In diesem Sinn habe er auch mit Gesundheitsminister Herbert Saldier, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Christentum und Sozialismus, gesprochen „und bei ihm die gleiche Meinung festgestellt. Das heißt: Wir beide, Salcher und ich, haben uns daher auch schon in den Parteigremien zu Wort gemeldet und unsere schweren Bedenken, ja unsere Gegnerschaft, zum Entwurf deponiert."

Innenminister Erwin Lanc weiß um diese innerparteiliche Front, „kann aber nicht beurteilen, wie das genau ist", weil er ja nicht in allen Parteigremien, vor allem nicht im SPÖ-Präsi-dium, sitze.

Grundsätzlich, so hält Lanc in einem Gespräch mit der FURCHE fest, wurde zwar von ihm die Versendung des seinerzeitigen Entwurfes genehmigt, „aber auf die Ausarbeitung habe ich keinen Einfluß genommen".

Die vorgebrachten Einwände hätten ihn freilich nicht restlos überzeugt. Für ihn selbst sei vielmehr erst ein Briefwechsel mit Kardinal Franz König maßgeblich gewesen, die Sache zu überdenken.

„Da quot;, meint der Innenminister heute, „tauchte ein Aspekt auf, der bisher nicht beachtet worden ist." Daß nämlich die Frage nach dem Religionsbekenntnis „ein wichtiger Bestandteil der durch das Konkordat verankerten Besuchsregelung für den Religionsunterricht" sei.

Ein Wegfall der Eintragung des Religionsbekenntnisses in den Personenstandsbüchern, konkret in den von den Standesämtern auszustellenden Geburtsurkunden, würde bedeuten: Jedes Kind müßte zum Religionsunterricht, einem sogenannten Pflichtgegenstand in Österreichs Schulen, gesondert angemeldet werden, da die Schule selbst nicht mehr das Religionsbekenntnis in Erfahrung bringen könnte.

Das aber, weiß man auch in Kreisen christlicher Sozialisten, wäre schon der erste Schritt zur Abschaffung des Religionsunterrichtes selbst, wie das linken Randgruppen vor Augen schwebt.

Lanc hat deshalb „den Auftrag gegeben, zusammen mit den anderen involvierten Ressorts Unterricht und Justiz diese Frage zu prüfen. Das ist der momentane Stand der Angelegenheit".

Im Laufe des Oktobers erwartet der Innenminister jetzt eine Antwort, wobei er keinen Zweifel daran läßt, daß „alle auch nur indirekte Beeinträchtigungen von geschlossenen Vereinbarungen ausgeschlossen sein müssen und nicht durch eine Sekundärgesetzgebung unterlaufen werden dür-' fen".

Ein Ergebnis möchte Lanc freilich nicht vorwegnehmen. Für ihn persönlich wäre dies - im Gegensatz etwa zu Blecha und Salcher - „keine Frage der grundsätzlichen Einstellung".

Den Parteivorstand habe er allerdings in der letzten Sitzung vom neuesten Stand informiert. „Und ich habe auch zugesagt, nach dem laufenden Prüfungsverfahren weitere Information zu geben."

Lanc wörtlich: „Dann steht es jedem Mitglied des Parteivorstandes frei, dazu seine Meinung zu sagen. Aber selbstverständlich halte ich unabhängig von dieser offiziellen Wortmeldung die Kollegen Blecha, Salcher und Sinowatz über die neueste Entwicklung auf dem laufenden."

Eines scheint allerdings heute schon wahrscheinlich: Einen offenen Konflikt mit den Religionsgemeinschaften will man unter allen Umständen verhindern.

Entsprechend bestimmt reagiert auch SPÖ-Zentralsekretär Bleche auf die Frage, was er zu tun gedächte, sollte dem Parlament eine Regierungsvorlage für ein Personenstandsgesetz zugeleitet werden, in dem - trotz aller Bedenken -das Religionsbekenntnis eliminiert sein sollte.

Dann würde er sich im Parlamentsklub, der schließlich durch sein Abstimmungsverhalten das letzte Wort hat, „ganz sicher dafür stark machen,daß das nicht aus dem Personenstandsgesetz herausfällt", versichert Blecha.

Daß man es ernst meint, soll auch die demnächst erscheinende „kompaß"-Ausgabe der Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft für Christentum und Sozialismus (ACUS) unter Beweis stellen: Sie will den Verlauf der Diskussion und den regen Briefwechsel zwischen kirchlichen und staatlichen Stellen dokumentieren. Die Schlagzeile der „Arbeiter-Zeitung" vom 19. Juli („Religionsbekenntnis ab 1981 Privatsache") scheint demnach doch verfrüht gewesen zu sein. nbsp;

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