Impfpflicht zwischen Peitsche und Zuckerbrot

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Dass die Regierung ihre (von Neos und SPÖ mitbeschlossene) allgemeine Impfpflicht durch ein Anreizsystem absichern will, ist verständlich – aber ethisch problematisch. Ein Gastkommentar.

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Dass die Regierung ihre (von Neos und SPÖ mitbeschlossene) allgemeine Impfpflicht durch ein Anreizsystem absichern will, ist verständlich – aber ethisch problematisch. Ein Gastkommentar.

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Unmittelbar vor der Beschlussfassung des Parlaments zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht sorgte die Regierung noch für eine Überraschung. Ein „Anreiz- und Belohnungspaket“ soll die ab dieser Woche geltende gesetzliche Impfpflicht flankieren. Bei einer Impflotterie winken Gutscheine im Wert von 500 Euro. Kostenpunkt für den Staat und folglich für den Steuerzahler: etwa eine Milliarde Euro. Damit nicht genug, gibt es auch Anreize für die Gemeinden, die Menschen zur Impfung zu bewegen. Dafür sind insgesamt 300 Millionen vorgesehen. Macht zusammen mit den Aufwendungen für die Impflotterie 1,4 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden rund 750 Millionen Euro für Impfungen und stolze 1,35 Milliarden Euro für Testungen ausgegeben. Auch diese sind nach wie vor kostenlos. Rechnet man für heuer mit ähnlichen Beträgen, kommt man auf Gesamtkosten von etwa 3,5 Milliarden Euro.

Vom spontanen Mut verlassen

Unter dem Eindruck der gefährlichen Delta-Variante hatte die Bundesregierung im vergangenen November einen radikalen Kursschwenk vollzogen und mit dem Mut der Verzweiflung eine allgemeine Impfpflicht angekündigt. In den darauffolgenden Wochen verließ sie der Mut aber offenbar schon wieder. Zum einen ist die Omikron-Variante dafür mitverantwortlich, die sich zwar rasend schnell ausgebreitet hat, aber offenbar in der Mehrzahl weniger schwere Krankheitsverläufe bewirkt. Zum anderen stellte sich he­raus, dass sich die Impfpflicht noch gar nicht ab ­Februar administrieren lässt, weil die ­ELGA GmbH noch mindestens bis Anfang ­April für die technische Umsetzung benötigt.

Gesichtswahrend tritt nun zwar die Impfpflicht in Kraft, Sanktionen greifen aber zunächst noch nicht. Die Durchsetzung soll in drei Phasen erfolgen, wobei noch offen ist, ob es zur dritten Phase mit lückenloser Bestrafung von Impfverweigerern überhaupt je kommt. Die Regierung hofft wohl nicht – könnte doch eine Flut von Einsprüchen gegen die vorgesehenen Verwaltungsstrafen die zuständigen Behörden lahmlegen. Gleichzeitig wird die Impfpflicht nun durch Wiedereinführung der 3G-Regel in der Gastronomie, Aufhebung der 2G-Regel im Handel und weiterhin kostenlose Testungen für Ungeimpfte unterminiert.

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