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Energie stärker besteuern
Einer der größten Mängel der traditionellen Wirtschaftstheorie ist die Nicht-Unterscheidung zwischen Erweiterungsinvestitionen, mit denen die Produktionskapazität erhöht wird, und Rationalisierungsinvestitionen, mit denen Arbeit durch Kapital bzw. Energie substituiert wird.
Die Erhöhung der Arbeitsproduktivität bzw. der technische Fortschritt fällt nicht als sogenannter exogener Faktor vom Himmel, sondern ist ein Ergebnis dieser Rationalisierungsinvestitionen. Wie schnell also die Arbeitsproduktivität im Wachstumsprozeß ansteigt, wie schnell Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, hängt von der Aufteilung der Investitionen in Erweite-rungs- und Rationalisierungsinvestitionen ab.
Wenn es nun heißt, der Staat müsse in einer Situation mangelnder Nachfrage und Unterbeschäftigung mit neuen Investitionsanreizen das Wachstum des Sozialprodukts um der Beschäftigung willen fördern, so ist damit zu rechnen, daß gerade in dieser Situation mangelnder Nachfrage die Investitionsanreize eher zu neuen Rationalisierungen statt zur Erweiterung der Produktionskapazität verwendet werden.
Die Folge ist, daß sich die Beschäftigungssituation nur kurzfristig in der Investitionsgüterindustrie verbessert, langfristig aber verschlechtert. Das heißt: die Wirtschaftspolitik verschlimmert die Situation, die sie angeblich korrigieren will.
Soll dies bedeuten, daß die Wirtschaft in Krisensituationen um der Beschäftigung willen auf Rationalisierungsinvestitionen verzichten soll? Nein. Um im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen, sind sicher weitere Rationalisierungen im Interesse von Kosteneinsparungen nötig.
Aber es gilt zu berücksichtigen, daß es nicht nur einen Arbeits-, sondern auch einen Energie- und Rohstoffaufwand gibt. Wir müssen daher zwei Arten von Rationalisierungsinvestitionen unterscheiden: solche zur Arbeitseinsparung und solche zur Energie-und Rohstoffeinsparung...
In erster Linie spielen die relativen Preise von Arbeit einerseits, Energie andererseits eine Rolle. Diese relativen Preise werden nun wesentlich durch die verschiedenen Abgaben, die auf der Arbeit lasten, verfälscht. Die Arbeitskosten des Betriebs sind bedeutend höher als die Einnahmen der Arbeitnehmer. Die Energie trägt keine vergleichbare Last
Aus diesen Gründen ist an eine Senkung der Sozialabgaben mit entsprechender Verringerung der Lohnkosten bei gleichzeitiger Kompensation durch eine Energiesteuer zu denken. Einen Ansatzpunkt könnte z. B. der Entwurf für eine Weiterentwicklung des Rentensystems bilden, wobei der Anteil der Steuern bei der Finanzierung der Renten zu erhöhen ist.
Drängt es sich nicht auf, den höheren Steueranteil über die Energiesteuer einzubringen und so die Verzerrung der Preisstruktur, wie sie sich aus dem System der Sozialabgaben ergibt, zu korrigieren?
Eine wichtige Ergänzung zu diesen Preiskorrekturen ist die entsprechende Ausgestaltung der staatlichen Förderungspolitik. Anstelle der massiven Subventionierung der Energie auf großtechnologischer Basis mit hohem Kapitalaufwand und langsamem Kapitalumschlag geht es um die Förderung der dezentralisierten Energieerzeugung auf der Basis der Wärme-Kraft-Kupplung, unter Umständen kombiniert mit Nutzung der Umgebungswärme durch Wärmepumpen.
Insgesamt wird dadurch wesentlich Energie gespart. Gleichzeitig gilt, daß der Kapitalkoeffizient bedeutend geringer ist. Das gleiche Kapital steht schneller wieder zur Verfügung und kann erneut Beschäftigungswirkungen erzeugen, ohne daß eine inflationistische Kreditexpansion nötig ist. Diese Art der Energieerzeugung dient gleichzeitig der Umweltstabilisierung.
Auszug aus einem Beitrag, der in Mr. VI von KSO, Nachrichten der Katholischen Sozialakademie Österreichs, veröffentlicht worden ist. Der Autor ist Professor für Volkswirtschaft in St Gallen.
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