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Filme im neuen Jahr

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Die Fülle des Vor- und Nachweih-nachtsfilmangebotes, das größtenteils aus qualitativ überdurchschnittlichen, zumindest interessanten Werken besteht, macht eine ausführliche Besprechung unmöglich; daher seien die wichtigsten Filme zumindest in Stichwortbeschreibungen vorgestellt. Zuvor aber noch ein Hinweis auf ein anderes wichtiges, für Wiens Cinea-sten nicht unbedeutsames Ereignis:

Das Künstlerhauskino hat — angeblich neurenoviert — seine Pforten wieder geöffnet, und der Film, der dort gespielt wird, bedeutet zumindest programmatisch endlich das Ende der dortigen „Fuck“-Welle 1971 und läßt Hoffnung auf ein künftiges künstlerisches Programm, in das man wieder ruhigen Gewissens gehen kann; was das Gebäude anbelangt, so wurde es von Branchenfremden genial in eine weitere Ausstellungshalle umfunktioniert, was angesichts der Bekämpfung der Kinokrise von besonderer Blindheit zeugt (aber wehe, wenn das Kino nicht das Haus erhalten kann!)...

Das Weihnachtsfest hat eine ganze Reihe von Filmen mit sich gebracht, wovon es heißt, sie seien vor allem für Kinder bestens geeignet; wenn wir schon diese Pseudokenner bei dem Glauben lassen, wollen wir doch hinzufügen, daß die folgenden drei „Jugendfilme“ für Erwachsene nicht weniger sehenswert sind:

Zunächst „Aristocats“, der (für uns) neueste Walt-Disney-Zeichen-trickfilm, der einen Zu Lebzeiten Disneys kaum möglichen „neurenovierten“, etwas groben Stil aufweist, auf die übliche liebliche Plastizität verzichtet, ansonsten aber handlungsmäßig nur einen Neuaufguß von „Pongo und Perdita“ darstellt.

Dann die Wiederaufführung eines heute schon unsterblichen Filmklassikers, nämlich des 25-Jahr-Jubi-läumsfllm der UFA, „Münchhausen“, nach einem Drehbuch von Erich Kästner; vollendete filmische Gestaltungskunst verbindet sich hier mit genialen Einfällen, unübertrefflichen darstellerischen Leistungen, prunkvollster Ausstattung und bis heute noch nicht übertroffener Tricktechnik. Ein Film, den jedermann mit größtem Vergnügen genießen wird und sollte.

Ein Fall für sich ist das hinreißende, jedoch von barbarischen Dilettanten in der deutschen Synchronisationsfassung verstümmelte und verkürzte Märchenmusical (die Songs wurden ebenfalls in Wien eliminiert!) „Charlie und die Schokoladefabrik“ — für Kenner und Liebhaber eines Genres, das in „Alice in Wonderland“ phantastischen Höhepunkt findet, ist dies, trotz des uns gebotenen Torsos, ein Pflicht-fllm!

Man sollte nicht alles, nur weil es jüdisch ist, blind in den Himmel loben; die Verfilmung von „Ana-tevka“ ist allzu breit, allzu sentimental und allzu pathetisch — doch in manchen choreographisch-musikalischen Sequenzen ist vollendetes Stilgefühl zu entdecken, manche Regiemomente zeugen von großer Begabung, und manche schauspielerischen Szenen sind so, daß man sich den Film ansehen sollte (wenn man viel Geduld hat).

Der neueste James-Bond-Film (Nr. 8) „Diamantenfieber“ beweist endlich, daß das modisch-progressive Schlagwort von „faschistoiden Tendenzen“ dieser sich vollkommen mit Sean Connery deckenden Sestalt dummes Gefasel originell sein wollender Schreiberlinge darstellt und 007 nichts als ein Held unterhaltsamer science-fletion-orientierter Kintoppspannung ist.

Es gibt noch Horrorfilme: „Die Nacht der lebenden Toten“, in schlichtem Schwarzweiß und ohne Stars gedreht, demonstriert, daß es auch heute noch möglich ist, im Kino echte Gruseleffekte mit einfachen Mitteln — die aber Einfallsreichtum und Bildkenntnis verraten — zu erzielen (was sich darüber hinaus an Geschmacksentgleisung tut, muß man übersehen — manche Sequenzen entschädigen dafür!).

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