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Neutralität & Neustart

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Herr Bundeskanzler, lernen S' Geschichte. Bruno Kreiskys Äuge - jetzt mit verändertem Adressaten - drängt sich auf, befaßt man sich als gelernter Österreicher mit Helmut Kohls jüngster Aussage über die Funktion unserer Neutralität. Was sich der deutsche Kanzler - vom „Standard" zitiert - geleistet hat, müßte hierzulande eigentlich tiefsten Widerspruch hervorrufen.

„Neutralität, gegen wen?" hatte der Rheinländer gefragt, als es um das Problem der Eingliederung Österreichs in eine nicht bestehende europäische Sicherheitsgemeinschaft im Umfeld des Brüsseler EG-Sondergipfels vom vergangenen Freitag ging.

Was um Himmels willen mag in den Freund Österreichs gefahren sein, daß er auf so plumpe Art unsere vielgeliebte Neutralität als Anti-Bewegung darstellt? Ist es unseren Politikern nicht gelungen - jetzt einmal abgesehen von den künftigen Erfordernissen in einem geeinten Europa - , die militärische Neutralität als einen Wert in der Situation des Kalten Krieges darzustellen?

Von Anfang an war Österreichs Neutralität eindeutig auf die Intentionen der Völkergemeinschaft, repräsentiert in den Vereinten Nationen, ausgerichtet. Was der UNO am Herzen lag, machte sich auch Österreich zu eigen. Es ist schlimm, daß man aufzurechnen beginnen muß: während Deutschland seinen ersten Toten im UNO-Einsatz verkraften muß, gedenkt Österreich 24 Soldaten, die ihr Leben im Friedensdienst der UNO verloren haben. Also: gegen wen richtet sich unsere Neutralität? Waren wir neutral, als wir die Sanktionen gegen Südafrika mittrugen? Verhielten wir uns indifferent, als es gegen einen Diktator im Mittleren Osten vorzugehen galt? War es unsolidarisch, als wir uns für die Selbstbestimmung der ex-jugoslawischen Nachfolgerepubliken stark machten?

Europa will ein neues Sicherheitssystem entwickeln. Dabei kann Österreich hervorragend mitwirken - und will es auch. Die Frage ist, was Österreich in einem vom Maastricht-Vertrag skizzierten neuen Europa leisten kann, muß und will. Außen- und sicherheitspolitisch geht es in Europa -und damit auch für Österreich -

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