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Oskar wofür?

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Das Geheimnis des unerklär- lichen Dauererfolges von Hel- mut Kohl liegt vermutlich in dem alten, gern gemalten und oft gestickten Trostwort: „Immer, wenn Du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her."

Noch vor einem Jahr hätte kaum jemand geglaubt, daß diese deutsche Bundesregie- rung mit einem Paket umstrit- tener und schlecht präsentier- ter Reformen die nächste Wahl überleben könnte. Nach dem Wahlsieg von Oskar Lafontaine im Saarland hat es zu Beginn dieses Jahres nicht mehr viele gegeben, die Helmut Kohl am Ende des Jahres noch als Kanz- ler gesehen haben.

Inzwischen hat die Eigendy- namik der deutschen Vereini- gung alle innenpolitischen Streitthemen zur Makulatur gemacht. Trotzdem hat die CD U noch zwei Landtagswah- len und damit den gesamten Norden und Westen der Repu- blik verloren.

Pech für Oskar Lafontaine war dabei die Tatsache, daß die SPD dank des Rückgewinns von Niedersachsen plötzlich auch eine Mehrheit im Bun- desrat hat. Damit war Oskars Taktik im Eimer: gegen den Staatsvertrag wettern, in der DDR jammern, daß er zu we- nig bringt, in der BRD stöh- nen, daß er zuviel kostet, in beiden Kammern dagegenstim- men und danach alle von Über- gangsproblemen Betroffenen als unzufriedenes Wählerpo- * tential gewinnen!

Mehrheiten bringen aber nicht nur Macht, sondern un- glücklicherweise auch Verant- wortung. Die allzu komplizier- te Hilfstaktik von Lafontaine hieß: die SPD solle im Bundes- tag als Minderheit dagegen- stimmen und im Bundesrat als Mehrheit dafür, damit der Staatsvertrag abgelehnt, aber nicht verhindert wird.

Doch da besannen sich dann aber doch viele SPD-Parla- mentarier, daß sie Abgeordne- te des Volkes sind und keine Wahlkampf-Kasperl des Saar- Napoleons - und meuterten.

Als Begleit-Komödie dazu drohte Oskar indirekt damit, nicht mehr Kanzler-Kandidat sein zu wollen. In mühseligen Springprozessionen hat Hans Jochen Vogel inzwischen so- wohl den Staatsvertrag als auch den Kanzlerkandidaten gerettet. Daß der jetzt noch eine Wahl gewinnen kann, glaubt allerdings niemand mehr, am wenigsten er selbst. Verloren wurde dabei nämlich die Se- riosität der SPD und ihre Glaubwürdigkeit für die ge- samtdeutsche Verantwortung. Hilfreich hat der stellvertre- tende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Horst Ehmke, auch gleich noch Vo- gel selbst als Parteivorsitzen- den in Frage gestellt.

So ist die SPD im Wahljahr wieder ausreichend mit sich selbst beschäftigt. Undwassagt Kohl dazu? „Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr..."

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