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Prinzessin ins Exil

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Spaniens CarListen sind eifrig bemüht, sich in ein echtes Oppositionsmosaik einzufügen. Das Regime, zu dessen Installierung sie mit ihrer Bürgerkriegsteilnahme bedeutend beigetragen haben und in dessen Einheitsbewegung sie eingegliedert worden sind, geht ihnen dabei ungewollt zur Hand. Den neuesten dieser unbeabsichtigten Dienste erwies es den Carlisten mit der Ausweisung der Prinzessin Cėcile von Bourbon-Parma, Tochter dies Oarlisten-,,Königs” Xavier von Parma. Die Prinzessin, die sich wegen eines während ihrer Tätigkeit als Krankenschwester in Biafra zugezogenen Halsleidens bei einem Madrider Spezialisten in Behandlung befand, wurde in Anlehnung an den am 22. September 1968 gegen die Bourbon-Parmas ergangenen Ausweisungsbefehl von dar spanischen Polizei zuim Verlassen des Landes aufgefordert. Uniter beachtlichem Polizeiaufgebot verließ sie Madrid mdt dem Flugzeug.

Diese „unqualifizierbare. Ungerechtigkeit” — mit den Worten des Car- lismus-Generalsekretärs Jose Maria de Zavala — bewog einen aus führenden Carlisten zusammengesetzten Ausschuß zu einem Besuch bei Innenminister Garicano Gorii. Sie lasen ihm einen strammen Protestbrief vor, allerdings unterbrach er die Herren an der Stelle, wo es hieß, der Carlis- mus wolle „vermeiden, zur Gewaltanwendung zu gelangen, obwohl wir provoziert werden”. Mit der Bemerkung, daß er keine Drohungen dulde, komplimentierte er die Besucher hinaus.

In dem Schreiben wird behauptet, daß der Carlismus bisher seine zu allem entschlossene üftd’ enthusiastische Jugend habe zurückhalten kön-

nen und daß der Ausschuß im Namen des .Carlismus die Wiedereinführung des Artiklels 18 der Grundrechte, eine Amnestie und politische Freiheit fordere. Mit diesem Schreiben schließen sie sich den Forderungen spanischer Oppositioneller und Anwälte an und unternehmen damit gleichzeitig einen weiteren Versuch, im Lager der demokratischen Opposition, in das sie ihrer Meinung nach gehören, volle Aufnahme zu finden. Die Carlisten, deren Vereinigung vom Regime toleriert wird und die sogar über eigene Vereinslokale verfügen, machen geltend, daß sie heute zu den Besiegten des Bürgerkrieges gehören. Ihr „König”, Prinz Xavier von Parma erklärte in einer Botschaft an „sein Volk” im vergangenen Dezember, daß der Carlismus eine Entwicklung von der Bürgerkriegsteilnahme bis zu seiner totalen Weigerung, sich dem Faschismus zuzugesellen, durchgemacht habe. Seinen Worten nach ist das heutige Ziel des Carlismus eine „Volksdemokratie”, die über eine Sozialrevolution erreicht werden soll, die jedoch nichts mit der individualistischen kapitalistischen oder der kollektiven kommunistischen Revolution gemein habe. Sie bezwecke die Schaffung von Gesellschaftsstrukturen, die sich auf politische, gewerkschaftliche und regionale Freiheiten stützen. Obzwar der Carlismus die politische Macht anstrebt, ist er längst von seinem exklusivistischen Ziel einer Alleinherrschaft abgewichen und sucht den Dialog mit sämtlichen politischen demokratischen Parteien und Gruppen.

Ein modernes Spanien soll seiner Ansicht nach die „Föderation der Völker” — also der verschiedenen unterschiedlichen Volkstämme, aus denen das Land zusammengesetzt ist — „in einer Einheit sozialer Republiken, an deren Spitze die Krone steht”, sein. Prinz Xavier von Parma bezeichnet diese seine Staatsidee als „Sozial- Monarchie”, die Carlistenführer sagen „Volksdemokratie”.

Daß diese carlistische Staatsidee, gleich unter welcher Bezeichnung, eine Utopie ist, gestehen sie ein. Sie wären schon zufrieden, wenn der Carlismus in einer parlamentarischen Demokratie einen Platz erringen könnte. Dieses Ziel ist in einer späteren Zukunft vielleicht zu erreichen, denn die Carlisten verfügen immerhin über 40.000 eingetragene Mitglieder, hauptsächlich in Navarra und Valencia, und der Carlismus vererbt sich seit mehr als einem Jahrhundert vom Vater auf den Sohn wie ! einTStämmeszeichen.” T

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