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Reiten Ritter, Burgen
Es gibt vermutlich viele Gründe dafür, daß die Burgenländi-sche Landesausstellung 1990 auf der Burg Güssing stattfindet. Wollte man diese Wahl nur kritisch sehen, dürfte man annehmen, daß die Landesregierung und ihre Kulturverantwortlichen jetzt endlich auch etwas für den Süden des Landes tun wollten, der doch bisher immer wieder fremdenverkehrsmäßig stiefmütterlich behandelt wurde. Man kann freilich auch annehmen, daß die Burg Güssing, die zumindest Lokalhistorikern durch die berühmte „Güssinger Fehde" ein Begriff ist, den Ausschlag gegeben hat.
Kurioserweise kommt dieses Ereignis selbst in der Ausstellung gar nicht vor. Inhaltlich konnte diese bis 28. Oktober zu besichtigende Ausstellung keine „burgenländi-sche" werden, da gerade aus der klassischen Zeit des Rittertums das Burgenland selbst wenig Exponate besitzt und auch keine allzu große historische Quellenpräsenz hat. So konnte das Thema nur universal angegangen werden. Historisch wie sprachlich ist es uns gegenwärtig und geläufig, wenn auch manche Assoziationen zum Thema Rittertum vielleicht völlig inadäquat sein mögen. Auch sie sollten durch diese Ausstellung näher untersucht, erläutert und kritisch überprüft werden. Das geschieht am schönsten im Ausstellungskatalog.
Alle Themen, die irgendwie an Rittertum erinnern, werden mehr oder weniger „angerissen", bis hin zur Mittelalter-Rezeption des 19. Jahrhunderts mit seinem „ Richard-Wagner" -Kult, der unechten phantastischen und heroischen Rittern zur Wiedergeburt verhalf. Obwohl jeder Zeit ihre Rezeption früherer Epochen zuzugestehen ist, so scheint es doch an Selbstkritik bezüglich einer aktuellen Mittelalter-Manie schlechterdings zu fehlen, die mit Umberto Ecos Bestseller „Der Name der Rose" noch einen literarisch anspruchsvollen Höhepunkt erreicht hat, aber auch viele weniger qualitätvolle Auswüchse hat.
Die Aussteller setzen das klassische Rittertum zwar im Hoch-und Spätmittelalter an, verweisen aber auf die auch schon in der Urzeit und in der Antike existierenden, berittenen Truppen, die übersetzt als „Ritter" (equites) zu bezeichnen sind. Aus dieser Epoche sind schöne Fundgegenstände zu sehen, die auf die Tatsache hinweisen, daß die Bedeutung des urgeschichtlichen und römischen Österreich noch lange nicht voll ins Bewußtsein der Einwohner gedrungen ist.
In wohltuender Distanz zu Klischees selbsternannter Volkskundler und Amateurwissenschaftler wird auch burgenländisch-eige-ne Historie aufgearbeitet: Obwohl gleichgültig ist, ob der Name des Burgenlandes wirklich von seinen Burgen kommt, war es höchste Zeit, die von Wolfgang Meyer untersuchte Epoche des 13. bis 15. Jahrhunderts genauer unter die Lupe zu nehmen.
Als nächster Schritt über die Ostgrenzen des heutigen Bundesgebietes hinaus, beschäftigt sich ein Teil der Ausstellung mit dem Ritterwesen in Ungarn, zumal sie in unserer Vorstellung noch immer als das „Reitervolk" aus Asien fungieren, das in der panno-nischen Tiefebene seßhaft wurde. Ungarische Traditionen, etwa den Ladislauskult oder den Drachenorden betreffend, werden ebenso dargestellt wie Burgen, Schlösser und Paläste der Ungarn. Mehr und mehr das kulturelle Erbe unserer östlichen Nachbarn für Ausstellungen heranzuziehen, wird in Zukunft bestimmend sein, da ja die künstlichen Trennungslinien über viele Jahrhunderte hinweg nicht vorhanden waren.
Von zentraler Bedeutung ist auch die Beschäftigung mit dem Ritteralltag, der sozialen Stellung, der Rolle und der Aufgabe der Ritter. Ihre kriegerischen Auseinandersetzungen, die dem Stand den Namen gegeben haben, sind in einer Ausstellung schwer darstellbar, Originalexponate kaum greifbar. Fotos, Graphiken, Reproduktionen müssen hier als Behelfe dienen. Grotesk ist in diesem Zusammenhang allerdings die Wiedergabedes „Teppichs von Bayeux" in Ansichtskartenformat, gleichsam als Zierleiste einer Vitrine. Das unterscheidet auch den recht ansehnlich zusammengestellten Katalog von der oft auf modernen (oder auch modischen) Hilfsmitteln, wie etwa Fotos, fußenden Ausstellung, die Exponate aneinanderreiht, aus denen Besucher sich selbst ihre Vorstellung des „Rittertums" zusammenstellen könnten. Das aber kann vom durchschnittlichen Ausstellungsbesucher nicht erwartet werden.
Auch der sakrale Bereich, das Kreuzrittertum und die aus ihm hervorgegangenen Ritterorden, wurden eher nur gestreift. Um der Universalität willen, wurde hier vielleicht eine Chance vertan.
Da immer weniger Leihgeber bereit sind, ihre schönsten und wertvollsten Archiv- und Museumsstücke zu verleihen, um einem vielleicht schon überholten Ausstellungstourismus Vorschub zu leisten, werdem sich für die nächsten Ausstellungen viele Fragen stellen.
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