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Reprivatisierung öffentlicher Aufgaben wird wieder modern

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Die öffentliche Hand hat bisher immer die ausgabenintensivsten Lösungen bevorzugt, konstatiert Professor Egon Matzner, Wirtschaftstheoretiker und Programmacher der Sozialistischen Partei. Matzners Feststellung gilt insbesondere den unternehmerischen Aktivitäten der Gemeinden, weshalb er neue Formen der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft empfiehlt. Matzners Konzept: Immer dann, wenn ohne Einschränkung der Dienstleistungen Kostenersparnisse erzielt werden können, sollte die Privatwirtschaft zum Zug kommen, die Kommunen sollten nur als ausführende Organe fungieren. Die alte Schablone, nach der ein guter Sozialist stets Aufgaben an den Staat überträgt, möchte Matzner - ob zur Freude seiner Genossen, ist mehr als ungewiß - nun ins Winkerl stellen und zum Kampf gegen wuchernde, anonyme Apparate rufen.

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Die öffentliche Hand hat bisher immer die ausgabenintensivsten Lösungen bevorzugt, konstatiert Professor Egon Matzner, Wirtschaftstheoretiker und Programmacher der Sozialistischen Partei. Matzners Feststellung gilt insbesondere den unternehmerischen Aktivitäten der Gemeinden, weshalb er neue Formen der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft empfiehlt. Matzners Konzept: Immer dann, wenn ohne Einschränkung der Dienstleistungen Kostenersparnisse erzielt werden können, sollte die Privatwirtschaft zum Zug kommen, die Kommunen sollten nur als ausführende Organe fungieren. Die alte Schablone, nach der ein guter Sozialist stets Aufgaben an den Staat überträgt, möchte Matzner - ob zur Freude seiner Genossen, ist mehr als ungewiß - nun ins Winkerl stellen und zum Kampf gegen wuchernde, anonyme Apparate rufen.

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Tatsächlich haben wir Österreicher - ebenso wie andere Nationen - mit der öffentlichen Hand als Unternehmer schlechte Erfahrungen gemacht. Speziell in Wien kam es - höflich ausgedrückt - zu manchen Pannen, von dem Fiasko des Stadtbräus und der Wiener Fleischbänke bis zum Skandal des Baurings. Dieser sollte Steuer sparen helfen, ind*m er die Kommunalbauten billiger ausführte als die private Bauwirtschaft. In Wirklichkeit war er genauso teuer und hing darüber hinaus dem Steuerzahler auch noch mit seinen Kapitalwünschen und Defiziten an der Tasche.

Die private Bauwirtschaft konnte im Arabien-Geschäft durchaus Profite erzielen. Der kommunale Bauring wollte mitnaschen. Resultat: ein Milliardendebakel, das jetzt die Gerichte beschäftigt.

Während aber die öffentliche Hand in Österreich noch immer keine Lehren gezogen hat und noch immer bestrebt ist, möglichst viele wirtschaftliche Leistungen in Eigenregie auszuführen, ist man im Ausland bereits längst dazu übergegangen, jene Kooperation zu realisieren, die Matzner noch als vages Zukunftsbild malt.

Speziell aus der BRD werden zahlreiche imposante Beispiele gemeldet, wobei besonders bemerkenswert ist, daß diese Angelegenheit weitgehend entideologisiert scheint: Sozialistische Gemeinden haben sich ebenso wie bürgerlich regierte zu Kooperationen mit Privatfirmen in Fällen entschlossen, in denen dies für sie rentabler ist.

Ein gutes Beispiel ist die sozialdemokratisch regierte Stadt Delmenhorst: Sie hat den gesamten Liniendienst einer privaten Omnibusgesellschaft übergeben, die trotz günstiger Tarife aktiv gebart und daher der Stadt keinen Pfennig mehr kostet. Das Gegenbeispiel sind die kommunalen Verkehrsbetriebe in Hannover, wo die Erlöse aus dem Fahrkartenverkauf nicht einmal mehr ausreichen, um den Personalaufwand zu decken.

In den wenigen Fällen, in denen auf Grund traditioneller Gegebenheiten auch in Österreich Privatfirmen den Liniendienst im Auftrag der öffentlichen Hand durchführen, bietet sich das gleiche Bild: Während auf den öffentlichen Linien immer höhere Defizite erwirtschaftet werden, arbeiten unter den gleichen Bedingungen viele Privatfirmen durchaus rentabel.

Angesichts dieser Tatsachen habeni portfirmen entschlossen, darunter Berlin, Düsseldorf, München, Stuttgart, Münster, Karlsruhe, Kiel und Hamburg.

Ähnliche Erfolge konnten auch mit der Privatisierung der Müllabfuhr erzielt werden. Gegenwärtig werden in der BRD bereits 70 Prozent des Gewerbe- und Industriemülls sowie 47 Prozent des Hausmülls von privaten Firmen beseitigt.

Sehr positiv waren auch die Erfahrungen mit der Privatisierung des kommunalen Schlachthofs in Köln im Jahre 1973. Vor diesem Datum erwirtschaftete dieser Betrieb bereits Verluste von über 800.000 Mark im Jahr. Der privaten Organisation, die den Schlachthof übernahm, ist es in weni gen Jahren gelungen, Gewinne zu erwirtschaften.

Auch auf einem sehr kritischen Gebiet hat sich die Kooperation mit Privaten bewährt: auf dem Spitalssektor. In Osnabrück hat man sich entschlossen, die Paracelsus-Klinik, deren Bau öffentlich gefördert worden war, nach deren Fertigstellung einem privaten Management zu übergeben. Obwohl die Leistungen dort, gleich gut, wenn nicht besser als in den öffentlichen Spitälern sind, erwies sich dort ein Pflegesalz unter 110 Mark als kostendek-kend, während andere Krankenhäuser bis zu 200 Mark verlangen und trotzdem defizitär arbeiten.

Dies sind Beispiele, welche zu denken geben. Man müsse, so erklärt der Schweizer Nationalökonom Professor Wittmann, „von der weitverbreiteten Vorstellung wegkommen, daß jemand nur dann fortschrittlich ist, wenn er für zusätzliche Staatsausgaben plädiert.“

Natürlich soll deswegen noch lange nicht eine Privatisierung der öffentlichen Dienste um jeden Preis betrieben werden. Aber eine pragmatische Vorgangsweise jenseits aller doktrinärer Prinzipienreiterei, welche jedesmal die rentabelste und effizienteste Lösung wählt, wäre doch zu empfehlen.

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