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Sorge mit den Kindern
Niemals seit der Zeit der Industrialisierung hat es so gravierende Änderungen in der Bevölkerungsentwicklung gegeben wie in den letzten Jahrzehnten. Die Zahl der Neugeborenen sank in vielen Industrieländern auf Werte, wie man sie nur in der Zeit der Weltwirtschaftskrise gekannt hat (siehe Tabelle).
Dieser Trend hat — neben anderen Faktoren wie weltweite Konjunktureinbrüche und hohe Ar-
beitslosenraten — natürlich auch Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte der jeweiligen Länder.
Lange schon und immer wieder beschäftigt die Nationalökonomen der Zusammenhang zwischen Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung. Daß eine schrumpfende Bevölkerung auf lange Sicht weniger Steuern und damit Sorgen für den Staat bedeutet, liegt klar auf der Hand. Die beiden Finanz Wissenschafter Christian Smekal und Stephan
Fickl haben jetzt in einem Beitrag1 aber auch nachgewiesen, daß die demographische Entwicklung in Österreich — nämlich die Verschiebung der Altersstruktur und leichte Verringerung der Geburtenzahlen — auch eine Reihe von Entlastungen für die öffentliche Hand gebracht hat.
Einige Ausgaben des Staates sind natürlich unabhängig von der jeweiligen Bevölkerungsentwicklung. Geht sie zurück, steigen lediglich die Kosten pro Kopf der Einwohner. Klassische Beispiele dafür sind die Aufwendungen für die Landesverteidigung, die innere Sicherheit oder die Kosten für die diplomatische Vertretung nach außen.
Bestehende Einrichtungen der Infrastruktur kann man jetzt nicht so ohne weiteres den geänderten Verhältnissen anpassen.
Als Beispiele führen die beiden Autoren folgendes an:
• Bildungs- und Erziehungsbereich: Durch die geburtenstarken Jahrgänge nach dem Krieg wurde Ariel in die Errichtung von Schulen investiert. Aber schon in den siebziger Jahren hat die Nachfrage im Pflichtschulbereich stark nachgelassen und hält weiter an. Gleichzeitig haben aber immer mehr Lehrer ihre Ausbildung beendet. Um die Lehrer- und Gebäudekapazitäten trotzdem auszulasten, wurde die Lösung in der kleineren Klassenzahl mit geringerer Schüleranzahl gesehen.
• Verkehrsnetz: In diesem Bereich ist zwar nicht die Entwicklung der Gesamtbevölkerung maßgeblich, sondern die räumliche Verteilung. Großräumige Ballungszentren um die Großstädte entstanden und verlangten nach einem Ausbau des Verkehrsnetzes. Für Betriebe waren und sind solche Gebiete natürlich attraktiver und üben zusätzlich eine Sogwirkung auf die Landbevölke-
rung aus. Daher wird sich nach Meinung der Autoren der Finanzbedarf weiterhin auf den Personen-Nahverkehr in den Ballungsräumen konzentrieren müssen.
• Wohnbau: Die Nachfrage hängt hier neben ökonomischen Faktoren wie Einkommens- und Preisentwicklung natürlich auch von den Wohnbauförderungsbestimmungen ab. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird hier mit einem wesentlichen Nachlassen der Wohnungsnachfrage gerechnet. Klarerweise gibt es regionale Unterschiede, aber langfristig, so meinen Smekal/ Field, ergeben sich nach einer Modellrechnung ab 1989 Überschüsse bei den Wohnbauförderungsmitteln, sodaß in Zukunft genügend Geld etwa für Wohnhaussanierungen vorhanden sein müßte. • Soziale Transfers: Hier wirkt sich die demographische Veränderung meist direkt auf die Ausgaben aus, wobei die Belastung durch die Arbeitslosenversicherung im Vordergrund steht. Unabhängig von der Situation auf dem Arbeitsmarkt ist von der Bevölkerungsentwicklung her mit einer Entlastung des Arbeitsmarktes durch geburtenschwache Jahrgänge zu rechnen.
Ähnliches gilt für die Pensionen. Die geburtenschwachen Jahrgänge der Weltwirtschaftskrise kommen jetzt in die Altersgruppe über 60, sodaß die Belastung durch Pensionen nicht sehr stark ansteigen wird.
1) Dieser Beitrag erscheint demnächst in der neuen Ausgabe des österreichischen Jahrbuches für Politik 1986.
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