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„Total zur Verfügung“

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In seiner ersten Botschaft an die katholische Welt bekräftigt der neue Papst Johannes Paul I. die Notwendigkeit der weiteren Verwirklichung des Konzils, der Fortsetzung der ökumenischen Bemühungen und des Dialogs mit der Welt sowie der Förderung „aller lobenswerten und guten Initiativen, die zum Schutz und zur Stärkung des Friedens in der Welt beitragen können“.

Johannes Paul I. verlas seine Botschaft am Sonntag vormittag in der Sixtinischen Kapelle zum Abschluß des Konklaves. Die eine halbe Stunde dauernde lateinische Ansprache wurde in Mondovision in alle Kontinente ausgestrahlt. Das Österreichische Fernsehen übernahm die Sendung nicht.

Mit großem Nachdruck fordert der neue Papst die Katholiken auf, ihrer Verantwortung in der Welt noch stärker bewußt zu werden. „Innere Spannungen, die hier und dort entstehen konnten“, müßten überwunden werden. Auch allen Versuchungen, sich dem Geschmack und der Mode der Welt anzupassen, müsse widerstanden werden. Die Welt habe das Zeugnis der Christen für den Glauben gerade in dieser Stunde dringend nötig, betont der Papst. Die Welt wisse wohl, daß die von ihr durch Wissenschaft und Technik erreichte „hohe Perfektion“ einen Grad erreicht habe, jenseits dessen der schwindelerregende Abgrund sichtbar werde. „Der Versuch, sich an die Stelle Gottes zu setzen“, bringe den modernen Menschen in Gefahr „der Verwandlung der Erde in eine Wüste, der menschlichen Person in einen Roboter, des brüderlichen Zusammenlebens in eine geplante Kollektivierung“.

„Mit Geduld und Festigkeit“ wolle er den von seinen Vorgängern begonnenen Dialog mit der Welt „von Mensch zu Mensch, aber auch mit denen, die nicht unseren Glauben teilen“, fortsetzen, versichert Johannes Paul I. „Alle guten, gerechten und ehrenwerten Menschen“ ruft er zur Zusammenarbeit auf, damit „die blinde Gewalt“ eingedämmt und die Menschen zum besseren gegenseitigen Verständnis und zur Vereinigung aller Bemühungen geführt werden, die „den sozialen Fortschritt fördern, den Hunger und die Unwissenheit des Geistes bekämpfen“ und die Entwicklung der weniger reichen Völker dieser Erde intensivieren.

Ein besonderes Grußwort richtete der neue Papst auch an die Jugend, an die Kranken, die Gefangenen, die

Flüchtlinge, die Verfolgten, die Arbeitslosen und an all diejenigen, die ihren Glauben nicht frei bezeugen können. Weiter heißt es in der Botschaft des neuen Papstes: „Wir denken in besonderer Weise auch an das gemarterte Land des Libanon, an die Situation im Heüigen Land, an die Sa- helzone, an das so sehr geprüfte Indien und an alle Menschen, die auf Grund sozialer und politischer Umstände oder wegen Naturkatastrophen ein entbehrungsreiches Leben führen müssen.“

Abschließend richtete Papst Johannes Paul I. sich an alle Menschen auf der Erde: „Alle sind wir dazu verpflichtet, die Welt zu einer immer größeren Gerechtigkeit, zu einem dauerhafteren Frieden und zu einer noch ernsthafteren Zusammenarbeit zu führen. Deshalb laden Wir dazu ein und beschwören alle, von den einfachsten Menschen bis hin zu den verantwortlichen Staatschefs, sich in wirksamer und verantwortungsbewußter Weise für eine neue gerechtere und aufrichtigere Ordnung einzusetzen.“ Er selber, so versichert der neue Papst, werde sich, „ohne einen Unterschied zwischen Rassen oder Ideologien zu machen“, der Kirche und der Gesellschaft „total zur Verfügung stellen“.

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