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Vom Bleisatz zum Laserstrahl

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Lichtsatz ist zum problemlosen Alltag geworden. Jene Druk-kereien, die diesen Status erreicht haben, dürfen sich glücklich schätzen, den seit der Guten-berg'schen Erfindung schwierigsten Schritt getan zu haben, den es in der 500 Jahre alt gewordenen Schwarzen Kunst zu tun galt. Noch aber wird zum Beispiel der größte Teil der österreichischen Tageszeitungen in der Blei-Technologie produziert. Die im Untertitel gestellte Frage kann nur mit unverbindlichen Richtwerten, welchen allerdings die eigene Praxiserfahrung zugrunde liegt, beantwortet werden.

Wo siedelt man den Begriff „vernünftig” an? Im Menschlichen? Im Technischen? Im Wirtschaftlichen? Hier zeigt sich erstmals die Komplexheit, die es zu bewältigen gilt, und man tut gut daran, die Vernunft im Konsens, im Kompromiß zu praktizieren: ein Prinzip, das vom Projektstadium bis zum Lichtsatz-Alltag keine Unterbrechung erfahren sollte. Ohne auf technische Details eingehen zu wollen, sei ein vom vorhin genannten Grundsatz-Konzept diktierter Umstellungsprozeß — nach erfolgreicher Umstellung — skizziert.

Der vorausgegangenen menschlichen, technischen und ökonomischen Bestands- und Bedarfsaufnahme folgt die Systemfindung. Der Pro'jektgruppe gehören das Management verschiedener Ebenen und technisch versierte Mitarbeiter an. Allesamt müssen sie bereit sein, ihren technischen Horizont zu erweitern, denn nichts vermag das Projekt in dem Maß zu belasten, wie der Versuch, die Zukunft des EDV-gesteuerten Lichtsatzes lediglich mit dem Wissen der Bleisatz-Technologie disponieren zu wollen. Fehlinvestierte Technik-Ruinen sind vielfach zu sehen. Die verantwortbare Systemfindung ist nur nach zahlreichen Hearings mit Produzenten, nach vielen Praxisbesuchen im Ausland und nach gründlichen innerbetrieblichen Analysen und Gesprächen mit allen Beteiligten denkbar: ein Prozeß, in den man gut und gerne ein bis zwei Jahre investieren darf.

Die Probleme verringern sich jedoch keineswegs, ist die Projektgruppe zur Systemfindung der richtigen Hard- und Software gekommen. Jetzt erhalten Mitarbeiter-Motivation und Organisation einen hohen Stellenwert. Der Projektmitarbeiterkreis wird wesentlich erweitert. Eine kleine Spitzenmannschaft absolviert — möglichst in vorbildlichen Praxisbetrieben — eine alle Systemdetails umfassende Ausbildung, um ihrerseits zur perfekten Organisation und Schulung im eigenen Haus befähigt zu sein.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt — abgesehen von der richtigen Systemwahl — in der vollständigen und sinnvollen Umschulung der gesamten Mitarbeiterschaft und in der bis zur scheinbar unwesentlichsten Kleinigkeit durchdachten Organisation aller künftigen Arbeitsabläufe. Radikales Umdenken ist nötig, um nicht den leider oft zu registrierenden Fehler des Noch-in-der-Bleisatztechno-logie-Denkens zu begehen. Die neue Satztechnik heißt nun einmal so und nicht anders: EDV-gesteuerter Lichtsatz, und auch alle Vor- und Nachstufen von der Manuskriptbereitung bis zur Endproduktion sind diesem Programm homogen einzuordnen.

Die Mitarbeiter zu begeistern, von der Sinnhaf tigkeit des unumgänglich Neuen zu überzeugen, sollte für die Projektverantwortlichen der wichtigste Auftrag sein. Dazu zählen auch die vielfältigen Bemühungen um ergonomisch attraktive Arbeitsplätze und ein Ausbildungsstandard, der aller — mitunter leider auch künstlich geschürten - Verunsicherung entgegensteuert und ehemaligen Setzern die Sicherheit vermittelt, wieder Herren ihres Berufes zu sein, an welcher Stelle des neuen Satzsystems sie auch immer ihren nach wie vor bedeutsamen Beruf ausüben.

Ein allgemeingültiges Post-scriptum: Mit erfolgter Installation und Inbetriebnahme ist erst ein Anfang gemacht: Um die Komplexheit Mensch/Technik/ Wirtschaft muß man sich jetzt mehr denn je bemühen, denn der wahre Erfolg zeigt sich erst im jahrelangen Harmonisieren eines großen Ganzen.

Der Autor ist technischer Direktor des Druck- und Verlagshauses Styria in Graz.

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