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Was an Andy Young falsch war

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Ein Botschafterwechsel in den USA hat international Staub aufgewirbelt. Andrew Young mußte gehen, so lesen wir, weil er mit einem Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation unerlaubte Kontakte gepflogen hatte. Wir lesen Falsches. Er mußte gehen, weil er seinen Minister und seinen Präsidenten angelogen und damit in der Öffentlichkeit blamiert hatte.

Natürlich wird auch die Regierung der USA mit seriösen Vertretern der Palästinenser reden müssen. Je früher das Israel endlich einsieht, umso mehr dient es auch eigenen Interessen.

Andrew Young aber, der 47jährige Ex-Prediger aus Georgia, ein Mann von großem persönlichem Charme und sicher lauterer Motivation, hätte als Diplomat längst abgelöst gehört. Daß Carter es nicht tat, begründete er mit der Behauptung, um Andy Youngs willen hätten die USA heute „zu rund 50 Ländern der Erde bessere Beziehungen als früher“.

Das ist ein sehr vordergründiges Urteil. Es stimmt, daß Botschafter Young bei UN-Mitgliedern der Dritten und Vierten Welt Punkte für sein Land sammelte, wenn er markige Sprüche, wie „Wir haben mehr politische Gefangene als manche totalitäre Länder“, von sich gab.

Das imponierte ein paar radikalen Schwarzenführern in den USA und ein paar blutrünstigen Potentaten in Afrika. Kultivierte schwarzafrikanische Staatsmänner dagegen behinderte er damit eher in ihrem Bemühen um Ordnung des eigenen Hauses.

Zum erstenmal seit 20 Jahren sind verantwortungsbewußte Politiker der Organisation afrikanischer Einheit (OAU) bestrebt, Massenmörder aus ihren Reihen zu verstoßen. Im April wurde mit Tansanias Hilfe Idi Amin gestürzt. Anfang August wurde Präsident Macias Nguema in Äquato-rial-Guinea entthront, in dessen elfjähriger Regierungszeit 50.000 Menschen, darunter zwei Drittel seiner Parlamentsabgeordneten und ein Dutzend Minister, ihr Leben lassen mußten. Und auch gegen den Kinderschlächter» Bokassa I. von Zentralafrika erheben sich immer lauter die Kritiker seiner eigenen Hautfarbe.

Zum erstenmal hat eine OAU-Kon-ferenz eine Afrikanische Charta der Menschenrechte in Aussicht gestellt. Andrew Young lag falsch, wenn er solchen Bestrebungen mit maßloser Selbstkritik entgegenwirkte. Und er lag auch falsch, wenn er durch eine sehr persönlich stilisierte Diplomatie in manchen schwarzafrikanischen Staaten Hoffnungen weckte, die sein Land auf Grund realer Gegebenheiten nicht erfüllen kann.

Eine Fortsetzung dieser Politik hätte aufsieht mehr Enttäuschungen und damit neue Kritik an den USA eingebracht als ein Operieren von klar definierten Standpunkten aus, das etwa der britischen Premierministerin Margaret Thatcher bei der jüngsten Commonwealth-Konferenz einen unerwarteten Triumph bescherte.

Was der Dritten und der Vierten Welt wirklich nützen würde, wäre eine großzügigere Welthandelspolitik der Industriestaaten und ein sinnvoller Technologie-Transfer, über den derzeit in Wien verhandelt wird. Damit könnten die USA und ihre Verbündeten dauerhafte Gutpunkte für den Westen sammeln. Bramarbasierende Sprücheklopfer im Diplomatencut sind ein schlechter Ersatz dafür.

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