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Was geschah mit Timor?

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Kurz vor dem Nationalfeiertag am 17. August waren die höchsten Beamten der neuen 27. Provinz Indonesiens feierlich und von fähnchenschwingenden Zuschauern beklatscht, in ihr Amt eingesetzt worden. Sie stammen ausnahmslos aus dem einstmals portugiesischen Timor selbst, das von insgesamt 500.000 Menschen bewohnt wird. Mühe bereitet es der Regierung in Djakarta offensichtlich immer noch, die in Osttimor stationierten Armeeeinheiten, die bei der Besetzung ziemlich übel gehaust hatten, nun plötzlich als „nationale Schutzmacht“ hinzustellen. Aber insgesamt scheint doch eine Mehrheit der Bevölkerung für den Anschluß Sympathien zu hegen, da man sich dadurch doch eine raschere wirtschaftliche Belebung des Landes verspricht. Die linksradikalen Fretilin-Truppen, die anfänglich auf 2000 geschätzt wurden, sind vermutlich auf 700 bis 1000 Mann zusammengeschrumpft und haben sich in unzugängliche Gebiete zurückgezogen. Vorläufig deutet alles darauf hin, daß Djakarta die Situation unter Kontrolle hat und — rechnet man die große Guerilla-Erfahrung der Indonesier mit ein — auch behalten wird.

Für Präsident Suharto allerdings ist Timor eher ein negatives Erlebnis. Suharto galt ursprünglich als entschiedener Gegner einer gewaltsamen Annektion und hoffte auf einen unterschwellig gesteuerten Prozeß, der dann langfristig zum selben Ziel geführt hätte. Das Drängen seiner Militärs, insbesondere von Beni Murdani, dem Vizestabschef der Armee, und Ali Murtopo, dem obersten Mann des Sicherheitsdienstes Und Koordinators in der Staatspartei, hatte jedoch solches Gewicht, daß Suharto grünes Licht für den militärischen Einsatz geben mußte.

Diese Tatsache ist insgesamt bezeichnend für den besonderen Führungsstil Suhartos, der 1967 an die Macht kam. In ihm finden sich die Grundzüge des Javaners — Fähigkeit zur Analyse und Begabung für den Ausgleich — besonders ausgeprägt. Der Anstoß zur Entscheidung kommt jedoch in der Regel von außen, und zwar von der jeweils stärkeren Seite. Militärs und Technokraten bilden die wichtigsten Stärkepole. Dazu kommen die mächtigen Clans, die komplizierte Bürokratie, sowie in- und ausländische Geschäftsinteressen. Suharto hat es bisher verstanden, bald der einen, bald der anderen Seite Zugeständnisse zu machen, aber insgesamt doch so, daß er als maßgebliches Zünglein an der Waage das Gleichgewicht der Macht bestimmt. Entsprechend fern liegt ihm auch der Starkult, den sein Vorgänger Sukarno so eifrig betrieben hat.

Zu den Kräftepolen, die im Vorfeld der im Frühjahr 1977 stattfindenden Wahlen eine besondere Rolle spielen, gehören der Islam und die chinesische Minorität. Beide stellen, nach der Staatspartei, die wichtigsten Parteiorganisationen des Landes. Der Islam ist zwar nicht Staatsreligion und auch stärker als sonstwo mit fremden Elementen durchsetzt; aber immerhin bekennen sich 90 Prozent der Bevölkerung zu dieser Religion, und die OPEC-Verflechtung mit der arabischen Welt hat in der letzten Zeit zu einem stärker werdenden puristischen Bewußtsein geführt Die Chinesen sind mit etwa 3 Millionen eine numerische Minderheit, aber für die Wirtschaft und das Geistesleben bilden sie zweifellos das — nahezu unentbehrliche — Rückgrat. Beliebt sind sie allerdings nicht, und es ist in der Vergangenheit schon öfters zu einer Art von Progromstimmung gekommen.

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