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Was soll Kampf um Prozente ?
Was selbst viele Mitglieder zuletzt nur mehr durch Zahlung ihres Gewerkschaftsbeitrages gemerkt haben, wurde jetzt auch der Öffentlichkeit durch zwei Wortmeldungen von Präsident Anton Benya - einerseits zum Bau von Donaukraftwerken, andrerseits zur Frage der Privatisierung — in Erinnerung gerufen: Den ÖGB gibt es auch noch.
Überspitzt formuliert, zugegeben, aber so übertrieben auch wieder nicht. Dem ÖGB, der früher kein Thema für einen Säger auslassen wollte, hat es seit längerem die Rede verschlagen. War es vornehme Zurückhaltung, um nach Hainburg die Kleine Koalition durchzutragen? Die unglückliche Konstellation mit Noch-im- mer-, Noch-nicht-Präsidenten und - im Falle der Christgewerkschafter — Schon-wieder-nicht- mehr-Fraktionsvorsitzendem dazu?
Eigentlich weiß niemand so recht, was der ÖGB heute denkt und will. Da wird nach einer Unterredung des ÖGB-Präsidiums mit der Regierung der Eindruck erweckt, daß die Privatisierung - und das verfassungsmäßig verankert — bei 49 Prozent haltmachen muß. Da erklärt dann der Präsident vor Betriebsräten, „daß wir nicht bereit sein werden, mehr als 49 Prozent zuzustimmen“, sagt aber nichts von einer generellen Verfassungsbeschränkung. Und nachdem sich ÖVP-Generalse- kretär Michael Graff und SPÖ- Klubobmann Heinz Fischer darüber in die Haare geraten, deutet Kanzler Franz Vranitzky alles zu einem Mißverständnis: In die Verfassung soll die Elektrizitätswirtschaft, sonst wolle man Koalitionspakt und Ministerratsbeschluß folgen und flexibel bleiben.
Es ist wirklich ärgerlich: Da sitzen zwei Gewerkschafter — Adolf Czettel und Robert Lichal — bei den Koalitionsverhandlungen, einigen sich, und dann bricht fünf vor zwölf die Diskussion aus, wie was wohl zu verstehen wäre. Denn in der nächsten Woche soll das Paket parlamentsreif sein.
Der Prozentstreit mag Funktionärsgemüter bewegen, die Menschen in der Verstaatlichten bewegt die Sorge um ihren Arbeitsplatz. Und wenn 51 Prozent Privatanteil ihnen eine Zukunft sichern, die 100 Prozent Staat bisher nicht eröffnen konnten, werden sie das begrüßen. Und die Steuerzahler wollen Betriebe, die Steuern abwerfen und nicht auffressen. Um ihr Eigentum geht es schließlich.
Interessen, die vertreten sein wollen. Auch durch den ÖGB? Einer Diskussion darüber wurde ausgewichen.
Was wird überhaupt diskutiert? Der nächste große Brocken, die Steuerreform, steht an, ebenso schon im Koalitionspakt in den Grundzügen skizziert. Ein Thema, das Bewegung in die Gewerkschaft bringen müßte, so sie sich noch als Gewerkschaftsbewegung versteht. Schon um weiteren Mißverständnissen vorzubeugen.
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