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Wie undemokratisch sind die Gewerkschaften?
Unter dem Titel „Innergewerkschaftliche Demokratie“ laden das Karl- Kummer-Institut und die’Christlichen Gewerkschafter der Privatangestellten Ende Jänner zu einer gewerkschafts- kundlichen Tagung. Das Thema ist wieder einmal reif, aus nichtsozialistischer Sicht unvoreingenommen analysiert zu werden.
An die Gewerkschaft gerichtete Vorwürfe, sie sei undemokratisch konzipiert, ihr Präsident regiere sie autoritär und ebne überdies den Weg für den Gewerkschaftsstaat, gibt es zur Genüge. Zu einem großen Teil kamen und kommen immer noch solche Vorwürfe aus nicht der SPÖ nahestehenden Kreisen, insbesondere aus den Lagern der beiden Oppositionsparteien, die der Gewerkschaftsbewegung traditionell mit einigem Bauchweh und gehöriger Skepsis gegenüberstehen.
Unter dem früheren FCG-Chef und ÖGB-Vizepr äsidenten Altenburger dominierte ein gewisses Gleichgewichtsdenken - tausche Pfründe auf Arbeitnehmerseite gegen Pfründe der Arbeitgeber, siehe auch unter Sozial partnerschaft -, das von vornherein den im Gewerkschaftsbund zementierten Sozialismus hinnahm, ohne über bestimmte Minimalprogramme hinaus an der Willensbildung im ÖGB teilzunehmen. Die Volkspartei tat natürlich das ihre für diese Entwicklung: Wie sich der heutige FCG-Bundesobmann Ing. Johann Gassner erinnert, gab es - bis Taus das Ruder der ÖVP übernahm - nicht weniger als drei Anti-Gewerk- schaftswellen. Taus und Gassner haben eine neue Parole an die ÖVP-Mitglie- der weitergereicht: „In der Gewerkschaft gilt’s den langen Marsch anzutreten.“
Sehr viele ÖVP-Funktionäre haben bis heute noch keine Wanderschuhe an
Bleibt nach Betrachtung des stiefmütterlichen Verhältnisses zwischen Volkspartei und Gewerkschaft ein sachlicher Kern, der da lautet: Dafür, daß der Gewerkschaftsbund der mächtigste Verband Österreichs ist, der rund 1,6 Millionen Mitglieder vertritt und einschließlich seiner Liegenschaften, Objekte, Beteiligungen, einschließlich der Mitgliedsbeiträge, des Streikfonds und der BAWAG über ein mehrfaches Milliardenvermögen verfügt, sind seine Vereinsstatuten keine ausrei-s chende Garantie für Recht und Ordnung. Die Statuten des ÖGB orientieren sich genauso wie die Satzungen hunderter Kegelvereine an den Minimalerfordemissen des Vereinsgesetzes.
Vorstellbar wäre nach Ansicht Gass- ners etwa, daß sich der Gewerkschaftsbund eine Wahlordnung gibt, die auch die Interessen und die Schutzwürdigkeit der Minderheitsfraktionen berücksichtigt. Im derzeitigen Mehrheitswahlsystem des ÖGB zählt der Einfluß dessen, der über mindestens 50,1 Prozent der Stimmen verfügt. Regelungen analog etwa zu Gemeindewahlordnungen oder Länder-Bestimmungen, wonach die zweite Führungsposition der zweitstärksten Fraktion automatisch zukommt, sind dem ÖGB fremd.
Auch FCG-Mann Hans Klingler, Zentralsekretär der Privatangestelltengewerkschaft, hat Wünsche an die Gewerkschaftsdemokratie, wenngleich er generell den Vorwurf des undemokratischen Gewerkschaftsbundes ab- lehnt: „Wenn es eine Diskussion über die Demokratie in der Gewerkschaft geben soll, dann müssen wir auch über die Demokratie in den Kammern und vor allem in den Parteien reden.“ Klingler glaubt aber, daß bestimmte Entscheidungen doch stärker nach unten delegiert werden könnten. So sollte der Betriebsrat vor Abschluß von Betriebsvereinbarungen mit den Beschäftigten ausführlich beraten, Gehaltsverhandlungen sollten erst nach Betriebsversammlungen eingeleitet werden, aber auch der Präsident dürfte nicht alle Entscheidungen im Alleingang treffen. Selbst aus Parteikreisen der SPÖ hört man immer wieder, Be- nya fiele kein Stein aus der Krone, würde er mitunter wenigstens seine eigenen Genossen in der Gewerkschaftsspitze informieren.
Wenngleich es stimmt, daß sich die Parteien kaum demokratischerer Wahlen rühmen können, so ist der Wahlvorgang im ÖGB wohl recht undurchsichtig: Der Präsident wird, beginnend mit den Betriebsrats- oder Personalvertretungswahlen über Wahlen auf Bezirksund Landesebene auf Bundesebene von einem Gremium bestellt, dem Vertreter der 16 Fachgewerkschaften und der neun Landesexekutiven angehören. Präsidentenwahl über mindestens vier Umwege.
Daran, daß die Sozialistische Fraktion im ÖGB eine so dominierende Rolle spielt, ist die ÖVP nicht zuletzt selber schuld. Es gibt nämlich noch immer keine funktionierende Aktionsgemeinschaft zwischen ÖVPIÖAAB und der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. Nach dem Abgang von Altenburger hegten viele die Hoffnung, die Koordination könnte eine bessere werden. Doch sind einzelne FCG-Leute (wie etwa Klingler, nicht aber Gassner) heute noch von einer Aktionsgemeinschaft alles andere als überzeugt. Die Nachteile: Der ÖAAB hat ungefähr
270.0 Mitglieder, die FCG nur
150.0 „erfaßte Bekenner“ (sie zahlen keinen Mitgliedsbeitrag). Das heißt, in beiden Verbänden gäbe es noch ein Mitgliederpotential für den jeweils anderen. Bei der SP-Fraktion gilt jedoch folgende Bestimmung: Jedes ÖGB-Mitglied, das ein sozialistisches Parteibuch hat, gehört automatisch zur SP-Fraktion.
Daß sich bürgerliche oder zumindest nichtsozialistische Gruppierungen nur zu oft lieber mit Eifersüchteleien und nebensächlichen Differenzen beschäftigen und dabei darauf vergessen, daß sie gemeinsame Grundwerte und eine gemeinsame Vergangenheit haben, scheint Schicksal und Anzeichen einer nichtsozialistischen Dekadenz zu sein. Unvereint bleiben auch die Halbstarken schwach
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