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Weltmächte

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Die Sowjetunion höre nun auf, ein Militärstaat zu sein, sagte der sowjetische Delegationschef Oleg Grinewski nach der Paraphierung des Abrü-stungsvertrages der Militär-blöcke über konventionelle Waffen. Das geschah in der Wie-ner Hofburg zur Einbegleitung des Pariser KSZE-Gipfels, mit dem die Spaltung Europas be-endet wurde. Auch über sicher-heitsbildende Maßnahmen in Europa wurde per Vertrag eine Einigung erzielt.

Unaufhaltsam wächst Europa zusammen, und 1992, wenn das nächste KSZE-Folgetreffen in Helsinki stattfinden wird, ist auch der europäische Binnen-markt "startklar". Macht und Größe stehen in keiner direkten Beziehung mehr. Und innerhalb des Begriffes Macht wird die Verschiebung vom Militärischen hin zum Wirtschaftlichen immer deutlicher. Die Japaner haben zwar den Krieg verloren und spielen militärisch keineRolle, aber sie setzten sich wirtschaftlich in den USA fest: "Die japanischen Großkonzerne kaufen US-Unternehmen auf, als habe im Mutterland des Kapitalismus der Schlußverkauf begonnen." Das konstatieren Reinhard Büscher und Jochen Homann in ihrem Bändchen "Japan und Deutschland ", das den signifikanten Untertitel "Die späten Sieger?" hat.

Inder Euphorie über den Sieg der Freiheit im einstigen Ost-block ist ein Aspekt etwas un-tergegangen, der den Einfluß der freiheitsbewußten Menschen beim Sturz der Diktaturen etwas beeinträchtigen könnte: Das Ringen um die Anteile am Weltmarkt hat einen Modernisierungsschub aus-gelöst, dem die Staaten des realen Sozialismus mit ihrer an-tiquierten technischen Infra-struktur nicht mehr gewachsen waren. Die Sowjetunion war eine Weltmacht durch ihre mi-litärische Macht, die sie auch bedenkenlos einsetzte. Die Mittel, die für das Militär aufgebracht werden mußten, fehlten bei der Modernisierung der Wirtschaft. Auch in Amerika hatte die Rolle des "Weltpolizisten" wirtschaftliche Konsequenzen: Die USA sind tief verschuldet und einer der wichtigsten Gläubiger ist Japan.

Europa aber ist wieder im Vormarsch. Und wenn bei den zahllosen Mitteleuropa-Dis-kussionen, die hierzulande stattfinden, Deutschland meist sorgsam ausgeklammert wird, so ist das nur ein Beweis für die Lust an der Realitätsfremdheit, mit der wir in Österreich eine Rolle hegen, die wir wahr-scheinlich gerade im Begriff sind, zu verlieren. Nach dem Umbruch im einstigen Ostblock zeigt sich, daß die Chancen für die deutsche Wirtschaft dort groß sind und daß sie auch genützt werden.

Der Wettkampf zwischen den Wirtschaftsgiganten USA, Japan und Europa wird die Welt im Wandel weiter umkrempeln. Ein Wandel, der ohne Krieg vor sich geht - aber nicht unbedingt friedlich.

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