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Zahlen & Zauber...

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.....denn wo Begriffe fehlen, da stellt 'ne Zahl zur rechten Zeit sich ein“, ist man versucht, den Dichter abzuwandeln.

Die Wissenschaftsdiskussion des Nationalrats in der Budgetdebatte der vergangenen Wochen diene als Modell — es ließe sich unschwer auch auf die anderen Kapitel übertragen. „Mit Zahlen läßt sich trefflich streiten...“

Ob der Gesamtausgabenrahmen für die Wissenschaft nun um 17,78 Prozent über jenem des Vorjahres liegt — auf hundertstel Prozent genau! —, wie hoch dagegen die reale Steigerung ist, wenn man die Inflationsrate abzieht, ob das Wachstum in einem der Jahre des vorausgegangenen Jahrfünfts höher war oder nicht — all dies kann den Forscher nicht trösten, der für seine Arbeiten nun mit einem inflations-geschrumpften, nicht valorisierten Budget rechnen muß.

Der Zauber von Durchschnittswerten ist ein dankbares Thema für Kabarettisten. Dem Empfänger eines durchschnittlichen Stipendiums nützt es wenig, wenn sein Kollege über ein Auto und einen ausreichenden Monatswechsel verfügt, die eigenen Eltern aber nicht viel zuschießen können. Das Studienbeihilfengesetz aber war ja einst ausdrücklich mit Rechtsanspruch ausgestattet worden, um das Werkstudententum möglichst überflüssig zu machen.

Für den unmittelbar am Budget Beteiligten sind also nicht die Steigerungsraten wichtig, sondern nur die Frage, wieweit sie für ihn wirksam werden — auch in Zeiten hoher Zuwachsraten gibt es Bereiche, die unter die Räder kommen. Deswegen wäre es für den Interessenten besser gewesen, zu erfahren, aus welchen Gründen diesmal keine neuen Dienstposten für Professoren und Assistenten geschaffen werden konnten, obwohl die Planungen eine weitere Steigerung in Aussicht gestellt hatten, und warum die Ansätze für die Forschungsfonds eingefroren, dafür aber die Beteiligungen an internationalen Projekten so stark erhöht worden sind. Die Begründungen wären interessanter gewesen als Prozentzahlen.

Ableugnen zu wollen, daß in den letzten fünf Jahren in einem verselbständigten Ressort enorme Anstrengungen zum Ausbau und zur Reform der wissenschaftlichen Einrichtungen und zur Verwirklichung einer zielgerichteten Wissenschaftspolitik gemacht wurden, wäre ebenso dumm, wie zu leugnen, daß in den Zeiten der großen Koalition alle Verbesserungen für das „schwarze“ Unterrichtsressort auf der andern Seite mit Zuschüssen zu einem „roten“ Bereich abgegolten werden mußten; daß noch Minister Drimmel den ersten Durchbruch zu einem besseren Budget erzielt hat; daß Minister Piffl das Allgemeine Hochschulstudiengesetz nach nur eineinhalb Jahren Beratung einstimmig über die Bühne bachte, das Forschungs-förderungsgesetz ebenso.

Wichtiger, als sich gegenseitig den Schwarzen Peter für vergangene Dinge zuzuschieben, wäre es gewesen, auf den Kern zu kommen. Er wurde einige Male angerührt, aber nie herausgeschält. Die Gesellschaft hat das Recht, von der Wissenschaft zu verlangen, daß sie zur Lösung der Menschheitsprobleme beitrage, postulierte die Ressortchefin. Wissenschaftspolitik als Teil der Gesellschaftspolitik heiße, die Wissenschaft dazu heranziehen.

Aber:, die Gesellschaft habe nicht das Recht, mit Hilfe des Staats als Zwangsbeglücker aufzutreten, schon gar nicht bei Wissenschaft und Forschung, stellte der Wissenschaftssprecher der großen Oppositionspartei fest. Es werde immer Wissenschafter geben, die entgegen den heute angeblich als gesellschaftlich richtig verstandenen Zielen suchen und forschen, finden und erfinden — und wahrscheinlich damit die Zukunft der Menschen sichern.

Stehen hier Gegensätze einander gegenüber, oder ist ein Konsens zwischen beiden Auffassungen denkbar?

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