Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Kirchen, Krieg, Gerechtigkeit
Bislang fehlt eine weltliche Instanz, die Kirchen für geistliche Mithilfe an Kriegsvergehen zur Rechenschaft ziehen könnte...”, schreibt Anne Herbst vom Institut für Glaube in der Zweiten Welt in Zürich in einer Analyse der „messianischen” Rolle der serbisch-orthodoxen Kirche in Serbien heute. Anläßlich der kroatischen Rückeroberung der Krajina hat der Patriarch dieser Kirche die Öffentlichkeit aufgerufen, die „drohende Vertreibung von Hunderttausenden orthodoxer Serben aus Kroatien, die seit 1991 grauenhafteste ethnische Säuberung, den größten Exodus einer Zivilbevölkerung im ehemaligen Jugoslawien” nicty zuzulassen.
Zitate aus Schriften und Predigten der Vertreter der serbisch-orthodoxen Kirche zum Kriegsgeschehen in Bosnien-Herzegowina lassen ein erschreckendes Maß an Verblendung und an gezielter, politisch motivierter Aufhetzung der Bevölkerung erkennen. Sogar Patriarch Pavle selbst, der in früheren Jahren als Bischof noch zum gemäßigteren Flügel innerhalb seiner Kirche zählte, geht von „bestialischen Liquidierungen der orthodoxen Serben durch moslemische Behörden in Sarajewo” aus. en Kreuzzug gegen die Serben”.
Aber auch „Glas Koncila” in Zagreb, in kommunistischen Zeiten Verfechter von Menschenrechten und Glaubensrecht, stimmte in den Chor des euphorischen Jubels über die Rückeroberung der Krajina in fragwürdiger Tonart ein: „Das Christentum hat - trotz aller Schwächen und Unzulänglichkeiten - das Rewußtsein der Kroaten so tief durchdrungen, daß es möglich wurde, Krieg auf dem höchstmöglichen humanitären Standard zu führen...”
Leider gibt es Anlaß, wieder auf das aktuelle Problem der Albaner im Kosovo zurückzukommen, von dem schon früher die Rede war. In den letzten Tagen ist den Serben eine weitere Maßnahme eingefallen, die eine schwere Herausforderung und Demütigung für die albanische Mehrheitsbevölkerung in dieser Region bedeutet: Eines der wenigen albanisch-historischen Denkmäler im Kosovo, das „Haus der Liga von Prizren” soll geräumt und serbischen Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Die „Liga von Prizren” war 1878 die erste nationale Vertretung der Albaner gegenüber dem Osmani-schen Reich. Das Gebäude, in dem politische Aktionen geplant worden waren, ist von den Albanern liebevoll restauriert worden und beherbergt ein Museum und eine Galerie. Es mehren sich die Fälle, in denen Albaner aus ihren Wohnungen vertrieben werden, um Flüchtlingen Platz zu machen -schlimm genug. Ebenso, daß diesen unfreiwilligen und meist unwilligen Neusiedlern Arbeitsplätze und Land versprochen werden, die den Albanern weggenommen werden. Aber das „Haus der Liga” in Prizren zu beschlagnahmen, das ist eine neue Dimension einer psycho-terroristischen Methode.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!