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Digital In Arbeit

Sie suchten Gott

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Geist und Welt des Alten Testaments. John L. McKenzie SJ., Räber-Verlag, Luzern. Beiten. Preis 22 DM.

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Geist und Welt des Alten Testaments. John L. McKenzie SJ., Räber-Verlag, Luzern. Beiten. Preis 22 DM.

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Das englische Original dieses Buches ist im Jahre 1956 erschienen und wurde mit großem Beifall der Gelehrten und anderer Interessierter aufgenommen. Sein Erscheinen in einer deutschen Übersetzung ist vor allem für die letzteren gedacht; die Gelehrten haben es schon gelesen, wohl manche mit dem Hintergedanken, „Schade, daß ich es nicht selber geschrieben habe“. Der Autor selbst schreibt: „Wenn ich es geschrieben habe, so darf ich zu meiner Eptschuldigung sagen, daß es kein anderer getan hat“ (Seite 7). Trotzdem darf man dankbar sein, daß es! doch er war; er bringt auch seine Reiche Persönlichkeit in der Betrachtungsweise und literarischen Gestaltung zum Ausdruck, auf die wir nicht gern verzichten möchten und die in der Übersetzung noch sehr gut durchscheint.

Das Werk stellt eine „geistige Auslegung“ des Alten Testaments dar oder, wie der Autor es haben will, einen Anfang dazu. Es ist kein Kommentar, noch ist es ein geschichtliches, soziologisches, politisches oder psychologisches Studium zum Alten Testament, obwohl manche wertvolle Hinweise auf diesen Gebieten Vorkommen. Es ist ein Versuch, das Wort Gottes in der Schrift zu finden (das Buch heißt auf Englisch, mit Anspielung auf Heb. 4, 12: Das zweischneidige

Schwert), und untersucht zu diesem Zweck die Menschen, durch die Gott gesprochen hat. Wer waren die Hebräer? ! Was ihre Umwelt und insbesondere ihre Geistesumwelt? Hier finden wir geistreiche Einsichten in diese uns fremde Welt und können sehen, wie sehr die Hebräer sich ihrer bewußt waren, wie anders ihre eigene war oder geworden ist — und sie war deswegen anders, weil Gott gesprochen hat. Wir sehen, wie die Geschichte von „nicht geschichtlichen“ Völkern behandelt wird, und wiederum, wie anders die Hebräer sie betrachten. Nur durch solche Überlegungen verstehen wir unsere eigene geistige Herkunft.

Die Formung und Umformung in der geistigen Betrachtung, durch die die Hebräer die Geschichte sehen, sind wesentliche Faktoren in der Entstehung der Bibel. Es ist daher unsinnig, gerade den Erfolg der Schriftsteller als Vorwurf hervorheben zu wollen. Sie suchten Gott; das übrige war zweitrangig. Uns bleibt also die Arbeit, in diese Denkweise einzutreten, wenn wir ihre — und unsere — heiligen Schriften verstehen wollen. Das gilt für Geschichte, für Gesetz, für den Alltag, für Weisheit und nicht zuletzt für die immer wieder „trotzdem“ vorhandene Hoffnung auf eine neue Welt. Diese Arbeit ist nie zu Ende: sie muß immer wieder neu aufgenommen werden. McKenzies mutiger und gelungener Versuch läßt sifch nur empfehlen.

Der Babylonische Talmud. Ausgewählt, übersetzt und erklärt von Reinhold Mayer. Wil- helm-Goldmann-Verlag, München 1963. 606

Seiten. Preis, Leinen, 22 DM.

Talmudübersetzungen, auch (oder besonders?) in Auswahl, von Nichtjuden, die wirklich versuchen, das Werk zu verstehen und kTar darzulegen, sind äußerst selten. Das vorliegende Buch ist umsomehr zu begrüßen, als es dem Herausgeber tatsächlich gelungen ist, dieses zu tun. Ohne sich in die Polemik einzulassen, zeigt er durch einen sachlichen Querschnitt, wie weit ältere Talmud-„Enthüller“ von einem echten Verständnis des Werkes entfernt waren. Der Talmud ist ein religiöses Werk. Sein Anliegen sind Gott und der Dienst der Menschen an Gott. Wenn Feinde als solche behandelt werden, muß man ehrlichkeits- halber bemerken, daß sie in erster Linie Feinde Gottes sind. Wenn die Rabbiner sich mit solchen (oder sogar mit Gott) auseinandersetzen, sind sie darin nur echte Nachfolger der Propheten.

Die Auswahl ist groß genug (469 Seiten Text), um mehr als eine bloße Ahnung vom Talmud zu gewinnen; es wird jedoch nicht so viel angeboten, daß man den Überblick verliert, besonders durch die von Mayer gewählte Einordnung. Es wird hier freilich keine Systematisierung versucht; solches wäre in diesem Umfang (wenn nicht überhaupt) unmöglich. Mit einem Blick auf den Pentateuch (Seite 50), ist der Stoff in fünf Kategorien verteilt: Urzeit, Aus Israels Geschichte, Die Meister, Alltag und Fest in Israel, und Endzeit Dies erlaubt einen mehr oder weniger umfangreichen Überblick über die Hauptströme talmudi- schen Materials und Denkens. Eine ausführliche allgemeine, und je eine kürzere Einleitung zu den fünf

Hauptteilen bieten überraschend viel zum Verständnis des Talmuds, seine Geschichte und seinen Aufbau. Besonders hervorzuheben sind die vielen kurzen Anmerkungen, die den Text wörtlich erklären. Die Übersetzung ist zuverlässig, und der Übersetzer hat es dankenswerterweise vorgezogen, den Stil des Originals beizubehalten, was zur Echtheit der Wirkung sehr viel beiträgt. Dem Leser sei aber nahegelegt, die

Worterklärungen am Ende des Buches vom Anfang an zu lesen: die Übersetzung „Weisung“ für „Tora“ zum Beispiel hat manches für sich, hat aber auch mindestens den Nachteil, daß es auf Deutsch kein ter- minus technicus ist; im Talmud heißt Tora: Tora. Das Übersetzen von „ben“ (Sohn) in Personennamen scheint unnötig plump zu sein. Freilich können die Gelehrten noch über Verschiedenes streiten; es wäre sonst nicht der Talmud.

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