6763070-1968_23_05.jpg
Digital In Arbeit

Kantönligeist im Wohnbau

Werbung
Werbung
Werbung

Fünf Monate nach dem Inkrafttreten des Wohnbauförderuhgsgeset- zes 1968 fehlen noch immer in zwei Bundesländern jene jeweils drei Durchführungsverordnungen, die für das Funktionieren des Systems unbedingt erforderlich sind. Die säumigen Schlußlichter bilden Burgenland und Kärnten.

Während die Verzögerungen im Burgenland durch die Landtagswahlen und die folgenden Verhandlungen ru‘nd um die Regierungsbildung noch irgendwie verständlich sind, fehlt für Kärnten jedes Motiv. Den Schaden haben allerdings die Wohnungswerber und die Bauwirtschaft in den betreffenden Ländern. Solange nämlich die Durchführungsverordnungen fehlen, solange bleiben auch die Mittel blockiert, die diesen Bundesländern heuer aus der Wohnbauförderung 1968 zugute kommen sollen.

Viel Zeit vergeudet

Dabei sind Burgenland u’nd Kärnten lediglich besonders krasse Fälle, denn auch die meisten anderen Bundesländer haben sich mit den Durchführungsbestimmungen reichlich Zeit gelassen. Spitzenreiter war Salzburg, das seine Verordnungen im Jänner herausbrachte. Mit mehr oder minder großem Abstand folgte dann Bundesland auf Bundesland. Zuletzt kam die Steiermark knapp nach Ostern mit ihren Verordnungen heraus.

Dabei hätten die Länder diese Arbeit längst hinter sich bringen können, denn seit der Veröffentlichung des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, die am 4. August des Vorjahres erfolgte, stand dem nichts mehr im Wege.

Obwohl die Verlängerung der Wohnbauförderung eine alte Forderung der Bundesländer darstellt, die nun vom Bundesgesetzgeber erfüllt worden ist, zeigte man entgegen allen Erwartungen fti den Landeshauptstädten zunächst allerdings nur geringe Ambitionen, den eigenen, legistischen Beitrag zu leisten. Wären die alten Förderungseinrichtungen des Staates nicht noch knapp vor dem Ende ihrer Tätigkeit zum Jahresschluß 1967 mit Darlehensgewährungen von rund einer Milliarde Schilling in die Bresche gesprungen, hätte eine Auftragslücke im Wohnbau kaum vermieden werden können. Dieser Impuls hat den Ländern eine kurze Atempause verschafft, die freilich nun allmählich zu Ende geht. Zwar sind derzeit aus der alten Ära noch 36.000 Wohnungen in ganz Österreich im Bau, je mehr sie sich jedoch der Vollendung nähern, um so dringlicher wird die Notwendigkeit, neue Vergaben vorzunehmen.

Gesetzwidrige Bestimmungen

Indessen beschränken sich die Sorgen nicht allein auf die lahme Gangart, die die Bundesländer bei der Realisierung des Wohnbauförderungsgesetzes an den Tag legten. In den Verordnungen nahezu aller Bundesländer finden sich Bestimmungen, welche durch das Wohnbauförderungsgesetz 1968 entweder nicht gedeckt sind, oder die diesem Gesetz sogar zuwiderlaufen.

Schließt man bösen Vorsatz aus, dann kommt man zwingend zu der Überzeugung, daß in den Ländern nicht hur langsam, sondern auch wenig sorgfältig gearbeitet worden ist.

So wurde in einer Reihe von Bundesländern eine Obergrenze für jene Darlehen in die Verordnungen aufgenommen, deren Kosten durch Wohnbeihilfen kompensiert werden können. Dies widerspricht glatt dem Wohnbauförderungsgesetz 1968. In Salzburg macht man die Darlehensgewährung von einer öffentlichen Ausschreibung der Bautet! abhängig, em Vorgehen, das durch das Rahmengesetz nicht gedeckt ist.

Eine simple Lösung für die Erledigung der offenen Anträge aus den alten Fonds hat man sich in der Steiermark zurecht gelegt.

Dort beschloß man einfach, alle alten Anträge in Bausch und Bogen abzulehnen, damit mit der neuen Förderung sofort in vollem Umfang begonnen werden kann. Nun sieht das Wohnbauförderungsgesetz 1968 vor, daß die altefn Anträge in der Reihenfolge des seinerzeitigen Einlangens erledigt werden müssen. Durch diese Bestimmung soll ein kontinuierlicher Übergang auf das neue Förderungssystem erreicht werden. Freilich bestimmt das Rahmengesetz nicht, daß sämtliche dieser Anträge auch genehmigt werden. Das heißt aber auf der anderen Seite natürlich auch nicht, daß sich dieses Problem durch die totale Ablehnung der alten Anträge lösen läßt. Die Ungerechtigkeit eines derartigen Vorgehens liegt klar auf der Hand: Leute, die seit Jahren geduldig auf den Bau der eingereichten Wohhung warten, würden mit einem Schlag ohne Anwartschaft sein und müßten neu einreichen. Indessen sollen auch andere Länder mit dem Gedanken kokettieren, dem steiermärkischen Beispiel zu folgen. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang Wien und Niederösterreich.

Die kürzlich erfolgte Ankündigung Bautenminister Dr. Kotzinas, gegen die Rechtswidrigkeiten Äi den Durchführungsbestimmungen werde man geeignete Maßnahmen ergreifen, hat nun in den Bundesländern einige Unruhe ausgelöst. Wie man hört, wächst bereits die Bereitschaft, Korrekturen in den Verordnungen vorzunehmen, damit sie voll dem Gesetz entsprechen. Zuständige Landespolitiker weiser nämlich den Verdacht entrüstet zurück, man habe versucht, das Gesetz zu umgehen. Bei den Widersprüchen zwischen Verordnung und Gesetz handle es sich einfach um Kinderkrankheiten, die man leicht kurierer könne. Ob hierzu der gute Wille tatsächlich vorhanden ist, werder allerdings erst die nächsten Monate zeigen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung