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Gott in Frankreich — heute

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Am 18. Mai 1964 trafen zu ungefähr gleicher Zeit zahlreiche Herren in sehr diskreter Form vor einem religiösen Institut in der Rue Notre- Dame des Champes ein. Sie kamen zu Fuß, in Taxis, in eigenen, bescheidenen Wagen. Einige Neugierige sowie Reporter wußten, daß die Generalversammlung der Kardinäle und Erzbischöfe Frankreichs abgehalten wurde und die endgültigen Statuten angenommen werden sollten. Bisher fanden diese Sitzungen in der Regel während des Konzils in Rom statt, in einer Atmosphäre des Aufbruches und Reformwillens, der die Konzilsväter auszeichnete.

Viele Beobachter meinten, in der Kirche Frankreichs eine strenge zentralistische Organisation zu finden, und mußten später die Abhängigkeit der einzelnen Bischöfe feststellen. Die französischen Bischöfe, derzeit 115, die 78 Diözesen verwalten, sind keineswegs die alten Herren, die in würdigen Palästen als Feudalherren den Klerus, die Ordensleute und Schwestern beherrschen. Diesen Nachfolgern der Apostel steht ein beachtliches „Fußvolk“ zur Verfügung: 39.885 Weltgeistliche, 15.000 Ordensgeistliche und 105.000, nach anderen Angaben 117.000 Ordensschwestern.

Spielregeln — demokratisch

Die Versammlung der Bischöfe findet künftighin jedes Jahr in der dritten Oktoberwoche durch fünf Tage statt und folgt Spielregeln, die jedem demokratischen Parlament zur Ehre gereichen. Der Modus der Abstimmung ist genau fixiert, die Redezeit wie die Tagesordnung sind festgelegt. Neben dieser Generalversammlung wurden regionale Bischofskonferenzen eingerichtet, die spezielle Fragen einer Landschaft behandeln. Derzeit bestehen sieben solche regionale Bischofskonferenzen: Paris, der Norden, der Osten, das Zentrum, der Westen, Südwesten und Südfrankreich.

Als die erste und vordringlichste Aufgabe drängt die Konferenz auf eine Vereinheitlichung der Methoden, um ein schlagfertiges Instrument zu finden, das alle Geibiete des geistigen und öffentlichen Lebens einbezieht, die mit der Kirche in irgend einem Zusammenhang stehen. Um eine größere Schlagkraft zu sichern, die Kontrolle der Beschlüsse zu ermöglichen und die Probleme zu studieren, richtete die oberste Versammlung eine Reihe von Ausschüssen und Kommissionen ein. Die Abberufung des sehr aktiven scharf profilierten Bischofs Garonne aus Toulouse, der als Propräfekt nach Rom berufen wurde, hat eine Lücke gerissen, die jedoch wieder geschlossen ist. Der Erzbischof von Reims, Monsignore Marty, übernahm die Punktion des stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Er stammt aus einer bescheidenen landwirtschaftlichen Familie und bezeichnet sich in erster Linie als Seelenhirt.

Ein permanenter Rat unter dem Vorsitz des Kardinals F eltin umfaßt einen Vertreter der französischen Kardinäle, die neun Delegierten der Regionen und die Vorsitzenden von 13 Bischofskommissionen. Unter ihnen finden wir solche für die Welt der Arbeit, der Landwirtschaft, der christlichen Erziehung. Ein ständiges Büro mit drei Mitgliedern, ein Studienbüro für pastorale Fragen sowie sieben Komitees (Koordinierung zwischen Welt- und Ordensgeistlichen, Finanzfragen, äußere Missionen, Mission in Frankreich, Mission für die Schiffahrt, Arbeiter und die Einheit der Kirche) ergänzen die Organisation.

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