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Zu der Fernsehdiskussion „uiot es eine neue Kirche?“, über die an dieser Stelle schon berichtet wurde, wäre noch nachzutragen, daß die meisten Fernseher, die sich durch den Termin nicht abhalten ließen und bis Mitternacht vor dem Schirm saßen, diese Sendung sachlich und informativ fanden, zum Unterschied vom letzten Forumgespräch Doktor Nennings über ein religiöses Thema „Die historische und religiöse Gestalt Jesu“, daß es aber doch einige Fernseher gab, die aus einer gewissen Sorge heraus meinten, es wäre besser, überhaupt keine Diskussionssendungen über religiöse oder kirchliche Themen zu veranstalten. Das einzige, was dabei herauskäme, wäre Unruhe, Unsicherheit; Zweifel. Wenn man auch im Prinzip anderer Meinung ist, wenn man auch glaubt, daß solche Sendungen nützlich und notwendig sein können, darf man doch die aus diesen Bedenken sprechende Sorge nicht völlig von der Hand weisen. Eine Diskussion besteht aus Frage und Antwort, aus der Gegenüberstellung gegensätzlicher Standpunkte. Wenn ich etwas für diskussionswürdig halte, dann halte ich es auch für fragwürdig. Was fragwürdig ist, scheint nicht mehr eindeutig feststehend zu sein. Wenn ich verschiedene Standpunkte erörtere, dann gebe ich, prinzipiell zumindest, die Möglichkeit und auch die Berechtigung verschiedener Standpunkte zu. Das mag im allgemeinen klug und richtig sein, aber in den Fragen des Glaubens waren die Katholiken durch ihre Erziehung und durch das Bild der Kirche, das ihnen vermittelt wurde, der Meinung, daß hier alles feststehe und daß es zumindest in Fragen des Glaubens nichts zu diskutieren gebe. Es wird noch vieler Arbeit bedürfen, um das durch das Konzil geprägte neue Selbstverständnis der Kirche auch dem letzten Gläubigen verständlich zu machen. Solche Sendungen werden daher immer ein Wagnis sein, man braucht das Wagnis nicht zu scheuen, aber man soll sich auf jeden Fall der Verantwortung bewußt sein, die damit verbunden ist.

Als Wagnis werden viele auch die Erörterung des Themas empfunden haben, dem die letzte Sendung in der Reihe „Der Standpunkt“ gewidmet war, der Frage vorehelicher geschlechtlicher Beziehung junger Menschen. Daß es so etwas gibt, immer gegeben hat und immer geben wird, darüber kann kein Zweifel sein. Das Neue daran ist vielleicht das, daß man heute darüber spricht.

Die jungen Menschen haben offen gesprochen, aber doch nicht so verantwortungslos, wie viele die heutige Jugend hinstellen wollen. Auch ein katholischer Religionslehrer kam in der Sendung zu Wort. Er stellte auf der einen Seite klar, daß es nicht einem Puritanismus der Kirche, sondern göttlichem Gebot entspreche, wenn die Kirche allein die Ehe als jene Institution betrachte, in der die sexuellen Anlagen und Triebkräfte des Menschen ihre sinngemäße Entfaltung finden könnten; er wies aber auf der anderen Seite ebenso auf den normativen Charakter moralischer Vorschriften hin, die nur in Freiheit angenommen und in Freiheit befolgt werden können, die freie Entscheidungen des Menschen daher nicht aufheben, sondern voraussetzen. Mit Überzeugung wies in dieser Diskussion ein Direktor einer Wiener Mittelschule darauf hin, daß die Koedukation im Gegensatz zu manchen Befürchtungen zu keinen Entgleisungen geführt, sondern im Gegenteil viel zur Entspannung der jungen Menschen beigetragen habe.

Sonntag abends sahen wir in einer ausgezeichneten. Inszenierung ein Fernsehspiel von Leopold Ahlsen „Sie werden sterben, Sire!“. Am Beispiel des Todes eines tyrannischen Königs wird die Größe und die Qual eines jeden Todes gezeigt. Es geht um den Tod in all seinen Formen, um den Tod, der nicht erlitten, sondern der gestaltet werden soll und hinter dem das große, dunkle Tor in eine andere Existenz steht, die sich nicht wegdisputieren und nicht wegleugnen läßt. Im Anschluß daran ein informativer Querschnitt über die zeitgenössische Bildhauerei Österreichs. Bei allem Bemühen, die Formensprache der modernen Kunst zu verstehen, ist doch die gewaltige Kluft nicht zu übersehen, die diese Kunst vom Leben, von der Vorstellung und dem Empfinden des Volkes trennt. _j>

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