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Kleine Nadelstiche

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„Die österreichische Wirtschaft würde das .Sparkapital, das ihr ständig durch die Tätigkeit ausländischer Investmentfonds entzogen und ins Ausland abgeführt wird, dringend selbst benötigen.“ Das ist — sinngemäß —die «vorn Sparkassen-Chefideologen und Generalsekretär des Hauptverbandes Į der österreichischen Sparkassen, Dkfm. Dr. jur. Walter Sädieder,«'immer wieder vertretene Maxime, wenn es um die-Akquisitionstätigkeit ausländischer Fonds hierzulande geht.

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„Die österreichische Wirtschaft würde das .Sparkapital, das ihr ständig durch die Tätigkeit ausländischer Investmentfonds entzogen und ins Ausland abgeführt wird, dringend selbst benötigen.“ Das ist — sinngemäß —die «vorn Sparkassen-Chefideologen und Generalsekretär des Hauptverbandes Į der österreichischen Sparkassen, Dkfm. Dr. jur. Walter Sädieder,«'immer wieder vertretene Maxime, wenn es um die-Akquisitionstätigkeit ausländischer Fonds hierzulande geht.

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Obwohl es sie genaugenommen überhaupt nichts angeht, schwang sich mangels einer anderen gesetzlichen Basis dann auch die Nationalbank zum Hüter über die ihrer Meinung nach irregeleiteten Schäfchen auf und berief sich auf das Devisengesetz, von dem ein bekannter österreichischer Publizist im übrigen erst kürzlich postulierte, daß sich dessen Bestehen nur noch durch die weitgehende Nichtanwendung vertreten lasse: Mit dem Hinweis, daß die Nationalbank nicht für alle Zukunft die Möglichkeit garantieren könne, daß die Devisentransaktionen zum Ankauf ausländischer Fonds reibungslos vor sich gehen können, sistierte sie kurzerhand die Genehmigung von Sparplänen und erklärte solche — unverbindliche! — Ab- sichtserklärungen für null und nichtig. Abgesehen davon, daß niemand von der Nationalbank eine derartige Garantie gefordert hatte, kann auch die Gefahr eher als gering angesehen werden, daß uns die Devisen eines Tages ausgehen und wir zu einem Rückfall in Restriktionsmaßnahmen der unmittelbaren Nachkriegszeit gezwungen sein werden. Da aber die österreichischen Stellen längstens nach der zweiten Intervention der amerikanischen Botschaft zugunsten von Fonds oder auch von Banken ohnehin „umzuflallen“ pflegen, hat man sich wohl eine saubere Lösung, etwa in Form einer Spesenbegrenzung, nicht zugetraut: Die Sparpläne nämlich, deren Erfüllung oder Nichterfüllung im übrigen ganz im Belieben der Sparer steht, sehen eine Spesenakkumulation im ersten Jahr vor, was bei vorzeitiger Einstellung der Leistung der monatlichen Sparquoten zu beträchtlichen Verlusten bis zu 50 Prozent des eingezahlten Kapitals führen kann.

Vier Irrtümern ist die Nationaibank und sind die übrigen ängstlich besorgten Stellen — auf gesessen: 1. Daß man den Kapitalverkehr in irgendeiner Form zu einer Einbahnstraße umfunktionieren kann; 2. daß nur ausländische Fonds das ihnen zufließende Geld schleunigst ins Ausland transferieren; 3. daß man den Fonds mit solchen Methoden ernsthaft zu Leibe rücken und sie dort treffen kann, wo man sie gerechterweise treffen wollte, nämlich bei ihren gelegentlich allzu aggressiven und nur auf Pnoviisionserwerb ausgerichteten Werbemethoden; 4. aber, daß das solcherart vielleicht wirklich abgeschreckte „Risikokapital“ als Ersatz tatsächlich in Bundesanleihen oder österreichischen Aktien angelegt werden wird.

In Österreich besteht offensichtlich ein erhdblicher Stock an Kapital, das zur Risikoanlage bereit ist; die amerikanischen und Pseudo-US-Fonds haben dies vor einigen Jahren erkannt und auf dieser Basis recht gute Geschäfte gemacht. Diese Gelder an die seit 1962 — die wahren Ursachen liegen noch etwas früher systematisch abgewürgte und jetzt wahrscheinlich bereits hoffnungslos dahinsiechende Wiener Börse zu locken, erscheint ein hoffnungsloses Unterfangen.

Auch prosperierende österreichische Fonds sind daher folgerichtig gezwungen, das ihnen zufließende Geld umgehend im Ausland su veran lagen. Musterbeispiel dafür ist der einzige heimische Fonds, für den sich auf Grund von Vergangenheits- wertpn günstige Zukunftsaussichten ableiten lassen, nämlich Sparinv«»t Handelsminister Mitterer versucht seit geraumer Zeit, mit Broschüren und änderen Werbemethoden ausländisches Kapital zur Anlage in Österreich zu bewegen; die Nationalbank revanchiert sich mit Devisen- restriktionsrnaßnahmen, die vor allem die amerikanische Botschaft schon mehrmals zu Hinweisen auf die Zwiespältigkeit eines solchen Vorgehens veranlaßt hat. IOS als rein quantitativ bisher erfolgreichster in Österreich operierender Fonds hat seinerzeit angeboten, di« ins Ausland transferierten Gelder wieder zurückfließen zu lassen: natürlich nicht in Form von Aktierikäufen, aber vielleicht in Eorm von Veranlagungen in Anleihen oder aber auch durch- Investitionen in den österreichischen Fremdenverkehr. Überdies sind-im allgemeinen Sparpläne als Altensvorsorge oder für ähnliche Zwecke gedacht, und das bedingt logischerweise, daß sie in durchaus absehbarer Zeit nicht mehr Anspar-, sondern Auszahlungspläne sein werden: mit den Erlösen dieser Devisenrückflüsse aber könnten global betrachtet in Zukunft wieder Teile der Neuinvestitionen in ausländischen Fonds „finanziert“ warden, was die angebliche Besorgnis der Nationaibank über eine bevorstehende Verschlechterung der Kapi- talbilanB doch wieder etwas drosseln sollte.

Österreich ist in den leteten Jahren von Fondsvertretern zusehends überschwemmt worden: Statt aber auf dieser Welle mitzuachwimmen und eine Möglichkeit zu suchen, den Rahm selbst abzuschöpfen, hat sich das Gros der betroffenen oder sich zuständig urid verantwortlich fühlenden Stellen mat lautem Jammern begnügt und versucht, mit der Initiierung oder Durchführung einet Politik der kleinen Nadelstiche den unliebsamen Ausländern das Leben so hart wie nur möglich zu machen. Hechte sind nun einmal in Karpfenteichen nicht erwünscht — zumal wenn man auf Seite der Karpfen kämpft und ein möglichst ruhiges und ungestörtes Leben auf in den Schoß gefallenen Lorbeeren führen will. Dynamische einheimische Außenseiter sind da . ebenso unerwünscht, wenn auch nicht so leicht unterzukriegen wir Ausländer.

Der österreichische Investmentmarkt ist in Bewegung geraten und hat die sich teilweise verbissen wehrenden schlaftrunkenen heimischen Geldinstitute mitgerissen. Etwas schnellere und besser überlegte Aktionen statt überhasteter Reaktionen hätten allerdings wahrscheinlich alten Beteiligten mehr genützt und vielleicht sogar das unmöglich Scheinende thöglich gemacht: der österreichischen Wirtschaft direkt jenes Risikokapital zuzuführen, das es angeblich gar nicht gab, dessen Vorhandensein aber seit einigen Jahren nolens volens zugegeben werden muß, weil die Erfolgsbilanzen der ausländischen Investmentflonds eine nur allzu deutliche Sprache sprechen.

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