6714822-1964_38_05.jpg
Digital In Arbeit

An den Rand geschliben

Werbung
Werbung
Werbung

ABKOMMEN ZWISCHEN DEM HEILIGEN STUHL UND UNGARN. Am treffendsten hat die offizielle Erklärung des Vatikans, die im „Osser- vatore Romano” veröffentlicht wurde, die neue Lage in den Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem kommunistischen Ungarn gekennzeichnet: Erstmals seit 15 Jahren, hiefj es in dieser Erklärung, konnte der Vatikan die „administrative Leitung über die Kirche in Ungarn" wieder übernehmen. Administrative Leitung: Das ist freilich sehr viel, besonders wenn man den vergeblichen Zeitgenossen in Erinnerung ruft, dafj es in diesen jetzt hoffentlich abgeschlossenen 15 Jahren willkürliche nächtliche Verhaftungen, Hausdurchsuchungen in bischöflichen Residenzen, Ordenshäusern (die dann zugesperrt wurden) und in den kleinsten Pfarrhäusern durchgeführt wurden, dafj es gruselige Schauprozesse mit Verhöhnung, Beleidigung, Diffamierung von Katholiken, Priestern wie Laien, mit Verurteilungen (anfangs auch Todesurteile!) gegeben hat; so gesehen, ist die Entwicklung zum Besseren seither beträchtlich, ja sogar enorm, und die Übernahme der administrativen Leitung der Kirche in Ungarn durch den Heiligen Stuhl kann eine weitere Normalisierung der Lage nach aufjen und auch nach innen beschleunigen. Man denke nur an die heikle Frage der innerkirchlichen Disziplin, an die seit 15 Jahren grassierenden Spaltungstendenzen zwischen „fortschrittlichen1' „Friedens’-Priestern (eine ganz dumme, verlogene Bezeichnung!) und den anderen, den Verpönten, in die Ecke Gedrängten! Durch die Unterzeichnung des Abkommens zwischen dem Abgesandten des Vatikans und dem Vertreter der Budapester Regierung wurden, laut Kommunique des amtlichen ungarischen Nachrichtenbüros, drei Fragen geregelt: die Ernennung von Bischöfen, der Staatsbürgereid der Priester und die Zukunft des päpstlichen ungarischen Institutes in Rom. Also, wie es auch in diesem Kommunique heifjt, „einzelne Fragen”. Das Weitere wird man sehen.

EIN FAMILIENZWIST UND MEHR. Der „Fall Franz Olah” — so der Titel des Mittwochleifartjkels im sozialistischen Zentralorgan — soll nach Wünsch der SPD als ein sehr schweres Problem des Zusammenlebens innerhalb der Parteifamilie ange sehen werden; nicht mehr und nichf weniger. Kann man, soll man dieser Deutung folgen? Prominente sozialistische Politiker sorgten schon vor Monaten, zur Zeit der ersten grofjen Kontroversen um Olah, dafür, dalj man versucht ist, im Fall Olah einen hochbrisanten und realpolitischen Prinzipienstreit zu sehen, dessen Ausgang nicht nur den demokratischen Sozialismus in Österreich, sondern vielleicht die ganze österreichische Innenpolitik, ja Staatspolitik zu einer Weggabelung führen müfjte. Gilt alles das, was also vor Monate/i etwa in den brisanten Artikeln eines Broda, eines Czernetz in der „Zukunft” stand, jetzt, wenige Wochen vor wichtigen Wahlen in Wien und Niederösterreich, nicht mehr? Diese Frage ist freilich nur noch eine akademische, angesichts der Verlautbarung, dafj die Sozialistische Partei gewillt und auch in der Lage sei, „die Sache innerhalb kürzester Frist vollständig zu bereinigen", zumal „keinerlei politische Probleme zur Debatte stehen”. Das ist leicht gesagt und ein geschickter Versuch der Abschirmung. Er wird aber nicht verhindern können, dafj man sich über den „Fall Olah" seine Gedanken macht...

DIE NEUE LEHRERBILDUNG. Nur äufjerlich ist es um die Lehrerbildung innerhalb der neuen Schulreform ruhiger geworden. Hinter den Kulissen gibt es viel Arbeit und Unruhe. So haben sich Experten der Katholischen Lehrerschaft Österreichs mit den Studienplänen beschäftigt und besonders auf die musisch-päcfagogi- schen Realgymnasien als primäre Zubringer für die neuen Pädagogischen Akademien hingewiesen. Zeitgemäß erwarten die Lehrer eine Sfudienordnung mit dem verbindlichen Minimalprogramm, der wöchentlichen Stundenverpflichtung, der praktischen Ausbildung und der Prüfungsordnung. Für die Sonderstellung der Lehrer an den Pädagogischen Akademien ist eine Diensf- zweigeverordnung notwendig. Bewährte Pflichtschullehrer sollen dafür an voll ausgebauten Universitätsinstituten ausgebaut werden. Besonderes Augenmerk mufj auf die nötige Anzahl von Lehrkanzeln, Festsetzung einer entsprechenden Lehrverpflięh- tung und ein eigenes Gehaltsschema gerichtet werden — ein reiches Arbeitspensum für die nächsten Monate!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung