Auf der Suche nach dem guten GELD

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Gemeinnützige Stiftungen könnten auch in der Forschung einiges bewegen. Neue Rahmenbedingungen schaffen nun ein attraktiveres Umfeld.

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Gemeinnützige Stiftungen könnten auch in der Forschung einiges bewegen. Neue Rahmenbedingungen schaffen nun ein attraktiveres Umfeld.

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Was genau war es, das den Menschen zum Herrscher der Erde machte? Noch vor 100.000 Jahren war der Homo sapiens eine unbedeutende Spezies, die am afrikanischen Kontinent lebte und im Ökosystem keine sonderlichen Anstalten machte, andere Arten zu überflügeln und die globale Vorherrschaft anzutreten. Es ist diese Frage, die der israelische Historiker Yuval Harari in seinem lesenswerten Buch "Eine kurze Geschichte der Menschheit"(2013) kurzweilig beantwortet. Es war vor allem die Entwicklung des Gehirns, die den menschlichen Höhenflug ermöglicht hat. Denn damit entstand das Wunderwerk der Sprache. Und über die verbale Kommunikation waren die Menschen in der Lage, in bislang ungekannter Dimension zu kooperieren.

Der Verweis auf Hararis Buch stand am Beginn eines Vortrags, mit dem Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) am 2. Dezember eine Tagung im Wissenschaftsministerium eröffnete. Die Veranstaltung in Wien widmete sich den neuen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stiftungen im Dienste von Wissenschaft und Forschung. Was aber hat das mit der evolutionären Geschichte der Menschheit zu tun?

Technologische Umwälzungen

Die Möglichkeiten der menschlichen Kooperation erreichen mit der allumfassenden Digitalisierung ein neues epochales Level, ist Mahrer überzeugt. Die

elektronische Vernetzung der Welt bringe die größte technologische Veränderung seit der Erfindung des Buchdrucks. "Und wir schmecken gerade einmal den 'Gruß aus der Küche'. Das ganze Menü hingegen liegt noch vor uns", so der zukunftsfreudige Staatssekretär. "Von den selbstfahrenden Autos über den 3D-Druck bis zur Personalisierten Medizin: Es wartet ein wahres 'Wunderland' - das natürlich auch viele Schattenseiten haben kann."

Gemeinnützige Stiftungen sollen hier ein Instrument sein, um den Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft zu begünstigen und die großen Problemfelder der Zukunft zu bewältigen. Und nachhaltige, sinnvolle Optionen für verfügbares Kapital zu schaffen: "Zu viel Geld jagt zu wenigen Möglichkeiten hinterher", lautet ein Bonmot aus dem angloamerikanischen Raum. Gerade nach der jüngsten Finanz-und Wirtschaftskrise hat die Idee, dass Geldanlagen zur konstruktiven Gestaltung der Gesellschaft beitragen können, an Bedeutung gewonnen.

Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen werden Stiftungen in Österreich bislang vor allem zu eigennützigen Zwecken errichtet. Das Potenzial für gemeinnützige Stiftungen wird von Experten hoch eingeschätzt. Derzeit liegt Österreich mit jährlichen gemeinnützigen Stiftungsausgaben von 20 bis 25 Millionen Euro weit hinter Deutschland (15 Milliarden Euro) und der Schweiz (1,2 Milliarden Euro). Hinzu kommt, dass etwa in Deutschland das gemeinnützige Stiftungswesen stark mit Institutionen, Zivilgesellschaft und Unternehmen vernetzt ist, wodurch sich ein noch stärkerer Effekt für das Gemeinwesen ergibt.

"Zeitgemäße Rahmenbedingungen für das gemeinnützige Stiftungswesen sind daher wichtiger denn je", betont der Sozialwissenschafter Harald Katzmair, Präsident des neuen Verbands für gemeinnütziges Stiften. "Das Potenzial der Zivilgesellschaft, neue Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln, wird hierzulande noch nicht einmal annähernd genutzt."

Immerhin wurde Österreich kürzlich vom EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation für seine "Open Innovation"-Strategie gelobt: Bei seinem Besuch in Wien wies Carlos Moedas darauf hin, dass Österreich als erstes EU-Land eine solche Strategie auf Regierungsebene entwickelt hat. Damit positioniere sich das Land als "Best-Practice"-Beispiel für andere europäische Mitgliedsstaaten, so der EU-Kommissar. Auch die Initiativen zur Bürgerbeteiligung in der Forschung ("Citizen Science") zielen darauf ab, aus der Zivilgesellschaft Impulse für Wissenschaft und Forschung zu generieren und technologische Innovationen niederschwellig anzukurbeln.

Mit dem neuen, zäh verhandelten Bundesstiftungs - und Fondsgesetz (BstFG) wurde nun die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung erleichtert und entbürokratisiert - für Katzmair ein "durchaus begrüßenswerter Teilerfolg". Bisher mussten Stiftungen in Österreich 25 Prozent an den Staat zahlen, wenn sie Geld für gemeinnützige Zwecke ausschütten wollten. Die steuerliche Begünstigung soll jetzt nicht mehr nur für mildtätige und kirchliche Vorhaben gelten, sondern für alle, die im Sinne der Bundesabgabenordnung als "gemeinnützig" anerkannt werden. "Steuerliche Anreize haben in Deutschland wesentlich dazu beigetragen, eine gemeinnützige Stiftungskultur zu etablieren", berichtete Michael Göring, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Stiftungen.

Vielfalt statt Monokultur

Wer über 50.000 Euro Errichtungskapital verfügt, kann einen gemeinnützigen Stiftungszweck definieren -der Philanthropie sind dabei keine Grenzen gesetzt: zum Beispiel die Förderung der Krebsforschung, die Erhaltung der Biodiversität oder die Integration von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz. Für potenzielle Stifter empfiehlt es sich, eine kompetente (rechtliche ) Beratung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass die Stiftung dem eigenen Stifterwillen entspricht. Die österreichische Regierung hat im Zuge der Bildungsreform selbst eine "Innovationsstiftung für Bildung" etabliert, die mit zunächst 50 Millionen Euro die digitale Bildung, neue didaktische Konzepte und innovative Lernräume kompetitiv fördern soll. Zusätzlich steht es privaten Personen offen, an die Stiftung zu spenden oder Substiftungen zur Bundesstiftung zu gründen; beides ist steuerlich absetzbar. Über die Homepage der Stiftung können Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Unternehmen innovative Konzepte einreichen.

Laut Katzmair können gemeinnützige Stiftungen dazu beitragen, wissenschaftliche Leistung nicht nur einseitig am Maßstab der Exzellenz, sondern auch an anderen Kategorien wie Nützlichkeit oder sozialer Bedeutung zu messen. "Wir brauchen Vielfalt in der wissenschaftlichen Landschaft, um die Widerstandskraft des Systems zu bestärken. Durch die Initiative von Stiftern erhalten wir mehr Alternativen im Lösungsportfolio, sind also fähiger, auf Probleme zu reagieren. Wir sind dadurch nicht nur innovativer, sondern auch resilienter."

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