7078518-1993_27_07.jpg
Digital In Arbeit

Der Weg für zeitgemäße Stiftungen ist frei

19451960198020002020

Im Justizausschuß des Nationalrates hat man sich über das Gesetz über Privatrechtstiftungen geeinigt. Es wird eine grundlegende Reform des Stiftungswesens in Österreich bringen.

19451960198020002020

Im Justizausschuß des Nationalrates hat man sich über das Gesetz über Privatrechtstiftungen geeinigt. Es wird eine grundlegende Reform des Stiftungswesens in Österreich bringen.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Konkurs der Vorarlberger Textilfabrik Rhomberg wäre vielleicht zu vermeiden gewesen, wenn der seinerzeitige Eigentümer das Unternehmen in eine Stiftung eingebracht hätte. Die Firma hätte weitergeführt werden können, für die Erben wäre durch Zuwendungen aus der Stiftung gesorgt gewesen und darüber hinaus hätten in Zeiten des Ertrags kulturelle oder soziale Einrichtungen gefördert werden können. Doch das alles ging nicht, denn zu Lebzeiten von Oskar Rhomberg konnten Stiftungen de facto nur für ausschließlich gemeinnützige Zwecke errichtet werden.

Nun kommt die Reform. Die Erläuterungen zu dem neuen Gesetz verweisen auf den Anreiz, vermehrt private Gelder zu Zwecken einzusetzen, die auch im Interesse der Öffentlichkeit liegen. Auch könnte der Vermögensabfluß eingedämmt werden, denn bisher haben österreichische Unternehmer, die ihre Interessen im Rahmen einer Stiftung wahren wollten, diese im Ausland, vornehmlich in Liechtenstein und in der Schweiz, errichtet - und zwar völlig legal.

Jetzt, nach dem Abbau gesellschaftsrechtlicher und steuerlicher Barrieren, kann für Stiftungen in Österreich auch das günstige Umfeld von Nutzen sein, wie betont wird: Erfahrene Anwälte und Notare können ihre Dienste in Rechtssachen anbieten, Banken und Wirtschaftsprüfer sind in der Vermögensberatung versiert, die politische Stabilität unseres Landes ist ein Vorteil. Das alles könnte einen Anreiz dafür bieten, ausländisches Vermögen in österreichischen Stiftungen anzulegen. „So kann das Stiftungsrecht zu einem Mittel der Stärkung des inländischen Kapitalmarktes werden”, heißt es wörtlich.

Wie funktioniert so eine Stiftung? Der Stifter gibt (zu Lebzeiten oder testamentarisch) sein Vermögen teilweise oder ganz an die Stiftung ab. Diese gehört sozusagen niemandem. Ihr Zweck wird vom Stifter bestimmt.

Nicht das Stiftungskapital wird ausgegeben; die Geldquelle sind vielmehr die Erträge dieses Kapitals, die aus Finanzanlagen oder auch Unternehmen, die der Stiftung gehören, stammen können. Die Stiftung selbst darf aber keine gewerbsmäßige Tätigkeit ausüben; sie kann aber - eventuell eine Holdinggesellschaft - an wirtschaftlichen Unternehmen beteiligt sein.

Begünstigt sind üblicherweise dem Stifter nahestehende Personen, meist wohl Erben. Denn ein Stifter will zum Beispiel sein Unternehmen (und die dortigen Arbeitsplätze) für die Zukunft erhalten, hat aber keine dafür geeigneten oder bereiten Erben. (Wobei sich der Stifter auch ausdrücklich einen Widerruf vorbehalten kann.) Es kann vielleicht auch die Zukunftssicherung einer Gemäldesammlung bezweckt werden. Wie viele ausländische Beispiele zeigen, ist aber in den meisten Fällen zugleich ein dem Gemeinwohl dienender Zweck vorgesehen, etwa die Förderung der Wissenschaft oder der Wirtschaft, der Kunst oder der Literatur, des Gesundheitswesens oder sozialer Einrichtungen. Man spricht dann von gemischten Stiftungen.

Stärkung des Kapitalmarktes

Kenner der Materie betonen, daß es in Österreich zweifellos Personen gibt, die an die Errichtung einer solchen Stiftung denken, einige vielleicht schon bald. Das gilt vermutlich in erster Linie für Familienstiftungen oder für Stiftungen von Unternehmen mit Nachfolgeproblemen, wegen des Fehlens geeigneter Erben oder weil durch zu viele Erben die Gefahr der Zersplitterung besteht. Auch scheinen Kunstsammler schon j etzt für Stiftungen Interesse zu haben.

Die Erwartung, daß auch Ausländerin nennenswerter Zahl Stiftungen in Österreich gründen werden, wird von Fachleuten freilich als recht optimistisch angesehen. Das „günstige Umfeld” ist in der Schweiz und in Liechtenstein ebenso gegeben, die steuerliche Behandlung ist aber dort noch günstiger. Immerhin ist bei uns jetzt auf steuerlichem Gebiet ein entscheidender Durchbruch gelungen. Es wird bei einem solchen Stiftungsakt keine Schenkungs- oder Erbschaftsteuer eingehoben, wohl aber eine „Eintrittsabgabe” in Höhe von 2,5 Prozent - vom realen Wert, nicht etwa vom nominellen oder vom Einheitswert. (Auch für ausschließlich gemeinnützige Stiftungen wird der bisherige Satz von fünf Prozent halbiert.) Im übrigen regelt das Gesetz die für Stiftungen und für die Begünstigten geltenden Steuervorschriften (Einkommen-und Körperschaftsteuer). In dieser Hinsicht wird eine Stiftung als neue Form des Gesellschaftsrechtes (neben den üblichen Kapitalgesellschaften) angesehen, was da und dort als Schatten auf der sonst lichtvollen Reform angesehen wird. Die Stiftung ist auch in das Firmenbuch einzutragen.

Keinesfalls soll eine Stiftung als Schlupfloch durch das Netz der Steuergesetze dienen können. Deshalb ist unter anderem vorgesehen, daß das Vermögen der Privatrechts Stiftung mindestens eine Million Schilling betragen muß. Es wäre ja kaum sinnvoll, .wenn Kleingewerbetreibende oder Greißler, aus welchen Gründen immer, in eine Stiftung gehen wollten. Auch soll die ermäßigte ,Jiin-trittsabgabe” nur zustehen, wenn die gestiftete Vermögenssubstanz mindestens zehn Jahre gebunden bleibt. Es kann ja in bestimmten Sonderfällen (etwa zur Erfüllung eingegangener Verpflichtungen) eine Ausschüttung aus der Substanz vorkommen.

„Notariatslastig”

Die Leitung einer solchen Stiftung liegt beim Vorstand. Es kann aber vom Stifter ein Beirat geschaffen werden, in dem auch zur Wahrung des Stiftungszweckes ein Begünstigter sitzen kann, dem der Stifter eine besondere Funktion in der Stiftung einräumen will. Im Vorstand muß laut Gesetz mindestens ein Rechtsanwalt, Notar oder Wirtschaftsprüfer sitzen; er soll die professionelle Durchführung und die Selbstkontrolle ermöglichen. Dieser Punkt wurde aber von der Bundeswirtschaftskammer als Zugeständnis an die Interessenvertretungen dieser Berufsgruppen kritisiert, denn bei Aktiengesellschaften muß ja auch nicht unbedingt im Aufsichtsrat ein Vertreter dieser Berufe sein. Auch daß für die Errichtung und Verwaltung einer Stiftung, anders als im Ausland, so viele Notariatsakte vorgesehen sind, wird von mancher Seite als „notariatslastig” bemängelt.

Im Hinblick auf den erwarteten EG-Beitritt Österreichs ist wichtig, daß das Gesetz über Privatrechtsstiftungen EG-konform ist. Es gibt nämlich in der Europäischen Gemeinschaft gar keine einschlägigen Vorschriften und es sind auch keine geplant.

Die Kontrolle darüber, daß der Stiftungszweck gewahrt bleibt, wird, im Sinne der Vorstellungen der Fachleute, nicht beim Staat liegen. (Bisher hatte das Innenministerium als Vereinsbehörde die Aufsicht.) Das Gesetz sieht vielmehr vor, daß für Angelegenheiten von Privatrechtsstiftungen das jeweilige Bezirksgericht zuständig ist.

Das Arbeitsübereinkommen der beiden Koalitionsparteien hat die Schaffung zeitgemäßer Stiftungsvorschriften in Aussicht genommen. Vizekanzler Busek hatte daran Ende 1991 erinnert, auch im Interesse der Wissenschaft, der solche Stiftungen zugutekommen können. Nach eingehenden und mühevollen Vorarbeiten auf breiter Basis konnte das Gesetz zügig formuliert werden. Wegen der derzeitigen Überlastung soll es erst im frühen Herbst beschlossen werden. Allerdings soll es dann unverzüglich in Kraft treten.

Noch ist die Unternehmens- oder Familienstiftung in Österreich wenig bekannt. Nun ist zu hoffen, daß sie sich einbürgert und daß die Wissenschaft, die Künste und soziale Einrichtungen davon profitieren werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung