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Digital In Arbeit

Arbeitsplätze durch Innovation

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Gefährden oder sichern neue Technologien Arbeitsplätze? Zu dieser Frage nimmt hier der Minister für Wissenschaft und Forschung der Bundesrepublik Deutschland Stellung.

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Gefährden oder sichern neue Technologien Arbeitsplätze? Zu dieser Frage nimmt hier der Minister für Wissenschaft und Forschung der Bundesrepublik Deutschland Stellung.

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Es gibt keinen Ersatz für Qualität. Qualitativ hochwertige Breitenforschung ist nur zu erzielen, wenn wir auch Spitzenleistungen haben...

Für den Weg zu Spitzenleistungen gibt es kein Rezept... Der Staat muß im wesentlichen Freiräume so schaffen, daß die in der Wissenschaft und in der Wirtschaft Tätigen mit ihren Ideen und ihrem Unternehmungsgeist die Aufgaben angehen.

Weil wir davon ausgehen müssen, daß wir in einer begrenzten Welt leben, die verletzlich ist und in der neue Techniken Folgen haben können, die gefährlich sind, muß der Staat einen zuverlässigen Rahmen von Bedingungen setzen, auf die man sich verlassen kann: zum Umweltschutz, zur Sicherheit, zu Normen, zum Erfinderrecht, zum Patentrecht. Bedingungen also, auf die der einzelne sich einstellen kann, durch die objektive Gefährdungen aber eingedämmt werden.

Daß aber diese objektiven Gefährdungen rechtzeitig umschrieben werden, ist die Frage einer rechtzeitigen Forschung zum Umweltschutz und den sozialen und gesellschaftlichen Folgen der technologischen Entwicklung.

Zunächst geht es darum, gezielt entsprechende finanzielle Voraussetzungen zu schaffen. Auch wenn es das Gesündeste wäre,... die Forschung aus einer normalen Rendite zu bezahlen, müssen wir davon ausgehen, daß wir keine idealen Märkte und schon gar keine normalen Bilanzstrukturen haben. Mit 20 Prozent Eigenkapital kann niemand das Risiko hochriskanter Projekte eingehen...

Wir haben deshalb versucht, die Bedingungen für Risikokapital zu verbessern und ein 100 Millionen- DM-Programm für technologieorientierte Unternehmensgründungen aufgestellt. Die Budgetansätze für die Vertragsforschung für Wissenschaft und Wirtschaft haben wir verdreifacht, und in den Ländern werden Technologieparks gegründet. Das alles ist aber nur Hilfe zur Selbsthilfe ...

Auf steuerlichem Gebiet wurde eine Sonderabschreibung für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen neu eingeführt...

Im Gegensatz zur direkten Förderung werden also nicht die Projekte beurteilt, weil nur der Unternehmer selbst entscheiden kann, welches für ihn das dringendste Projekt ist. Erfahrungs-gemäß bedeutet es eine Verzögerung um ein halbes Jahr, wenn der Staat versucht, die Förderungswürdigkeit von Vorhaben mittelständischer Unternehmer zu prüfen ... Der Unternehmer muß starten können, ohne die staatliche Prüfung abzuwarten.

Eine entscheidende Rolle in dem Zusammenspiel von Staat, Wissenschaft und Wirtschaft spielt auch die staatliche Nachfrage, die in ihrer bisherigen Praxis innovationsfeindlich ist. Der richtige Einsatz der staatlichen Nachfrage kann entscheidende Innovationsimpulse bringen, etwa über die Erneuerung der Infrastruktur ...

Neue Techniken, vor allem die großen Techniken, werden nur dann durchgesetzt werden, wenn die Bürger überzeugt werdep können, daß ihr eigenes Interesse an Gesundheit und einer geschützten Umwelt wirklich nach Maßgabe der Technik erfüllt wird. Der Staat kann also durchaus kostspielige Auflagen vorschreiben, er muß aber bei deren Erfüllung auch garantieren können, daß Projekte innerhalb der vorgesehenen Bauzeit auch wirklich errichtet werden können.

Der Umweltschutz bei Kohlekraftwerken muß etwa rigoros in bezug auf die Entschwefelung ge- handhabt werden. Die Volkswirtschaft kann und muß die entsprechenden Kosten erwirtschaften. Langjährige Investitionsstaus, die entstehen, weil sich die Behörden nicht entscheiden können, können wir uns mit Sicherheit nicht leisten.

Auch der Sorge über die Arbeitsplätze und den Undefinierten Ängsten, was da mit der Mikroelektronik herankommt, muß mit begründeten Argumenten verantwortlich begegnet werden. Wir müssen darlegen, warum wir die neuen Techniken einführen müs- , sen: weil wir noch mehr Arbeitsplätze verlieren, wenn wir sie nicht einführen. Und wir müssen hinzufügen, daß durch Innovation neue Arbeitsplätze entstehen.

Am Beispiel des Druckereigewerbes zeigt sich, daß es dort nach Durchführung all der „arbeits- platzvernichtenden“ Techniken allein in der Bundesrepublik 1980 um 30.000 Arbeitsplätze mehr gibt als 1976, und zwar konkurrenzfähige und zukunftssichere Arbeitsplätze.

In der Autoindustrie gibt es trotz des technischen Wandels und einer massiven Rationalisierungswelle 1982 um 70.000 Mitarbeiter mehr als 1972, obwohl in diesen beiden Vergleichsjahren dieselbe Stückzahl an Automobilen gebaut wurde. Der Grund dafür liegt darin, daß die heutigen Autos komplexer, sicherer sind und gerade durch die Mikroelektronik qualitativ laufend verbessert werden. Mit besserer Technik sind wir also konkurrenzfähig auf den Weltmärkten und haben nicht Arbeitsplätze verloren, sondern wir haben sie gewonnen ...

Auszug aus einem Referat vor der Tagung „Innovationsimpulse für den Mittelstand” des Wirtschaftsbundes in St. Pölten.

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