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Die Technik ist kein Unglücksfall
Es ist leicht zu unterschreiben, daß sich die Technik dem Menschen anpassen soll. — Wie aber sollte diese Anpassung vor sich gehen? Was ist dem Menschen gemäß, welches Maß legen wir an und wer legt es an? Und von welcher Technik reden wir: Von jener Technik, die uns täglich dienlich ist, oder von der, die unsere kollektive Selbstvernichtung ermöglicht. Und für wen wollen wir die Frage beantworten: Für den, der seinen Arbeitsplatz eingebüßt oder für den, der durch neue Technologien erst einen Beruf gefunden hat?
Technik wird heute vor allem in vier Zusammenhängen diskutiert, an die ich im folgenden meine Überlegung knüpfe:
• Technik und Umwelt
Die Annahme, daß Technik Umweltzerstörung bewirkt, basiert auf Erfahrung einer Periode billiger Energien und extensiven Rohstoff Verbrauches. Mittlerweile ist Energie knapp geworden, die Verbrauchsstrukturen haben sich von den Grundstoffen wegverändert, die sekundären Rohstoffkreisläufe werden besser genutzt, mit einem Wort, die Verknappung von Energie und Rohstoffen hat die Umweltpolitik in Gang gebracht.
Neue Technologien sind sogar zum Hoffnungsträger geworden, indem sie einen sorgsameren Umgang mit der Natur erlauben. Neue Materialen, biotechnologische Möglichkeiten und umweltschonende, produktivere Verfahren geben Chancen, die hierzulande noch zu wenig genutzt werden. Lange blockierte ein künstlich hochgespielter Gegensatz von Grünen und Betonierern die Entwicklung eigenständiger Lösungen.
• Technik und Arbeitsplätze
Der Einsatz neuer Techniken ist mit Rationalisierung und deshalb auch dem Verlust von bestehenden Arbeitsplätzen verbunden. Diese triviale Tatsache läßt oft übersehen, daß laufend durch den technischen Wandel neue Arbeitsplätze entstehen.
Die Veränderungsmöglichkeiten neuer Technologien bieten auch nie dagewesene Chancen für eine industrielle Erneuerung. „Flexible Spezialisierung“ ist das Kennwort für eine vielfältigere, gerade von kleineren Produktionseinheiten mitgetragene neue Stufe der Industriegesellschaft, die von mehr Selbständigkeit und neuer Qualität neuer Dienstleistung geprägt ist.
Arbeitssparende Technik produziert über die damit einhergehende Verbilligung der Produkte ein Wachstum der Nachfrage und neue Absatzchancen für andere Wirtschaftszweige.
Die herkömmliche Strukturpolitik ist bei der Bewältigung des Ubergangs in diese neue Industrielandschaft sichtlich überfordert. Sie scheitert von Donawitz bis Pols beim Versuch, Arbeitsplätze in bestimmten Betrieben zu konservieren oder zu „schaffen“. Stabilität kann aber gesamtwirtschaftlich nur erreicht werden, wenn wir den Wandel erleichtern, statt ihn zu blockieren“.
Die Lösung kann daher nicht darin liegen, angstvoll die Einführung neuer Technologien zu verzögern. Auch ist eine neue, arbeitssparende Technik kein „Unglücksfall“, der eine generelle Bewirtschaftung der Arbeitszeit notwendig machen würde.
Voraussetzung dafür wäre eine ständige Technologiebewertung, die möglichst rasche arbeits-, sozial- und bildungspolitische Vorkehrungen und Mobilitätshilfen erlaubt. Wenn wir wollen, daß der technische Wandel akzeptiert wird, müssen auch seine Risken für den einzelnen klar gesehen und durch aktive Arbeitsmarktpolitik Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden.
• Technik und Arbeitswelt
Die Hoch-Zeit der um das Fließband zentrierten Technologien und der standardisierten Massenproduktion, die sich in einem geringeren Selbstbestimmungsgrad der Mitarbeiter niederschlug, ist längst überschritten. Mikroelektronik und Informationstechnologien liefern dezentrale Möglichkeiten flexibler, teilbarer Produktionsweisen, welche die Hoffnung auf wieder individuellere Arbeitsvorgänge in vielen Bereichen heute schon einlösen.
Wo der Wettbewerb funktioniert, hegen überdies langfristig jene Unternehmen im Vorteil, die durch eine entsprechende Gestaltung des Arbeitsplatzumfeldes und durch Organisationsentwicklung eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gewährleisten. • Technik — Mensch — Gesellschaft
Es ist eine ordnungspolitische Aufgabe ersten Ranges, die Rahmenbedingungen des Wandels immer neu zu überdenken, und zwar nach dem klaren Ziel, die Wirtschaft und ihre Technik vor das Gemeinwohl zu spannen. Unser christlich-abendländisches Menschbild verbietet, daß dies auf technokratische Weise geschieht.
Der deutsche Forschungsminister Heinz Riesenhuber formuliert es deutlich: „Technik ist kein Selbstzweck, sondern ein Instrument zur Verbesserung der Lebensbedingungen des Menschen“.
So wie es im sozialen Bereich die Qualität einer sozialmarktwirtschaftlichen Ordnung ausmacht, soweit wie möglich Wohlstand und Gerechtigkeit herzustellen, muß es auch im Bereich des Umgangs mit Technik und Umwelt Rahmenbedingungen geben, die diesen Umgang wieder zu einem würdigen Schöpfertum des Menschen werden lassen.
Der Autor ist Generalsekretär de Osterreichischen Wirtschaftsbundes.
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