6862453-1977_42_04.jpg
Digital In Arbeit

Dritte industrielle Revolution als Revolution der Hoffnung

Werbung
Werbung
Werbung

„Infolge der Planetärischen Wende hat sich der Wert aller Karten im weltweiten Spiel geändert. Viele, die früher Trümpfe waren, sind wertlos geworden, ja ins Negative umgeschlagen - und es gibt keine Karte, die nicht neu bewertet werden müßte. Andere Karten sind hinzugekommen, aber keine einzige ist einer anderen gleich.” (Herbert Gruhl: Ein Planet wird geplündert.)

Ähnlich wie zur Zeit der ersten und zweiten industriellen Revolution mehren sich heute - im ausgehenden 20. Jahrhundert - zum dritten Male die Zeichen eines tiefgreifenden, von technologischen Änderungen begleiteten Strukturwandels. Zwar nähern wir uns nach den heutigen Kenntnissen den Grenzen des Wachstums, doch Wissenschafter in aller Welt befassen sich bereits mit den Konturen jener neuen Technologien, mit deren Hilfe es möglich werden könnte, auch diese Grenzen zu überwinden.

Die Zukunftskommission der österreichischen Volkspartei hat sich ergangene Woche anläßlich ihrer Tagung ÖKOPOL II mit dem Themenkreis Umweltpolitik und Ökologie befaßt. Dipl.-Ing. Dr. Johann Millendorfer - Studiengruppe für Internationale Analysen - wies in seinem Vortrag „Umwelt und technologische Wende” auf die Auswirkungen der in zunehmendem Maße ineffizient erscheinenden heutigen Technologien hin. Aus deren Ineffizienz müßten sich in der Folge eine Einengung des Lebensraumes, eine Verringerung der Arbeitsmotivation und demzufolge eine Beschrän kung des Produktionsbereiches ergeben. Dieser zerstörenden Tendenz könne nur eine Konzentration auf alternative Technologien entgegenwirken, die eine Qualitäts- anstelle einer Quantitätssteigerung sicherstellen und durch die folgenden Hauptforderungen bestimmt sind: rationellerer Rohstoff- und Energieeinsatz, integrative Maßnahmen anstelle von wirtschaftlichen Einzelzielßn, Berücksichtigung einer neuen weltweiten Arbeitsteilung.

Zur Verwirklichung dieser Forderungen aber sei ein Umdenken in unserer industriellen Gesellschaft notwendig, getragen vom Prinzip einer integralen Umweltpolitik einerseits und dem Subsidiaritätsprinzip anderseits. Millendorfer engagierte sich in diesem Sinne für die Idee einer neuen „Universitas” - eine Gesamtschau sämtlicher wissenschaftlicher Disziplinen. Nur stetes Vermehren unseres Wissens, Erkennen der umfassenden Zusammenhänge und Wechselwirkungen in den verschiedenen Lebens- und Wissensbereichen versetzt die Spezies Mensch in die Lage, „durch den Einsatz von intellektueller Kapazität und Kreativität” eine Änderung der Quali tät im Wachstumsprozeß herbeizuführen und damit menschlichen Fortschritt im eigentlichen Sinn zu gewährleisten. Denn - wie der Biochemiker und Nobelpreisträger Manfred Eigen einmal formulierte - Lebewesen seien infolge ihrer Umweltbezogenheit ,zum Fortschritt verdammt”.

Daß schließlich technologische Erneuerung zwangsläufig Arbeitslosigkeit verursachen müsse, sei gerade im Laufe der Geschichte unserer Zivilisation vielfach widerlegt worden: Neue Methoden führen häufig zur Entwicklung neuer Produkte und somit zu zusätzlicher Nachfrage.

Parteiobmann Josef Taus hob anläßlich der Tagung nachdrücklich den Stellenwert der Information hervor und sprach von der Publizität der Umweltpolitik. Das Problem der Erhaltung des Lebensraumes müsse ein Bildungsziel unserer Gesellschaft werden, beginnend in der Schule und an der Universität bis hin zu den Einrichtungen der Erwachsenenbildung und vor allem den Medien.

Als erste konkrete Maßnahme denkt man an die Schaffung eines überparteilichen Umweltrates, eines Technologiezentrums, in dem auch die Aspekte der Psychologie und des Sozialen Berücksichtigung finden sowie an ein über das gesamte Bundesgebiet gespannte Meßnetz zur Beobachtung der Umweltqualität. Weiters soll die Bundesregierung zur periodischen Veröffentlichung eines Umweltberichtes veranlaßt werden.

Wie schließlich ÖVP-Gesundheits- sprecher Wiesinger als Vorsitzender der erwähnten Tagung ausführte, verursachen die heutigen Lebensbedingungen physische wie psychische Erkrankungen, die es gelte, durch den Einsatz neuer Umweltstrategien zu verhindern.

Keineswegs aber sollen die „neuen Wege” - dje in evolutionärer Weise die bestehenden Technologien nach und nach verändern werden - zu einer Systemzerstörung führen. Ganz im Gegenteil könnten gerade diese „neuen Wege” die Garantie zum Fortbestand unserer freien Gesellschaftsordnung bilden. Somit würde - um mit Millendorfer zu sprechen - die dritte industrielle Revolution als Revolution der

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung