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Der Meister Parkinsons

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Der greise, aber keineswegs senile „Erfinder“ des 1. Parkinsonschen Gesetzes, Thomas Northcote Parkinson, muß bestürzt sein: Er hat im ersten sozialistischen Bundeskanzler Österreichs, Dr. Bruno Kreisky, seinen Meister gefunden. Als die ÖVP-Alleinregierung im Jahre 1966 ihre Arbeit aufnahm, fand sie einen auf 277.230 Beamte aufgeblähten staatlichen Verwaltungsapparat vor. In den letzten Jahren der Koalition wucherte der Apparat um jährlich 3000 Dienstposten weiter, war von 244.500 im Jahre 1956 auf eben die 277.230 Dienstposten im Jahre 1966 angewachsen. Als die Regierung Klaus am 1. März dieses Jahres sang- und klanglos aus den Regierungsräumen auszog und Dr. Kreisky mit seinem Team die Stellungen bezog, fand dieser nur noch 273.218 Beamte vor. Den viel-geschmähiten Verwaltungsreformern

Gruber und Klaus war es in den vergangenen vier Jahren gelungen, im Landwirtschaftisministeriuim rund 10 Prozent, im BKA rund 6 Prozent und im Sozialministerium rund 8 Prozent Dienstposten echt einzusparen. Demgegenüber wurde der Dienstpostenplam für das Unterrichtsministerium im Zeitraum 1966 bis 1970 zur Durchführung der Schulreform 1962 um 16,3 Prozent aufgestockt und der des Justizministeriums um 1,08 Prozent. Diese augenscheinlichen Erfolge der Klaus'schen Verwalitungsreform trugen zwar politisch kaum etwas ein, weil sie nicht die nötige publizistische Auswertung fanden und weil sie wahrscheinlich kaum jemand in Österreich ehrlich interessierten. Trotzdem darf festgestellt werden, daß das Ausland mit Aufmerksamkeit und Bewunderung die österreichische Trenduonkehr verfolgte. So fragte etwa der Frakftionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Hedlmut Schmidt (Schmidt-Schnauze'') beim Kanzleramt im Jahre 1968 um Unterlagen an, die er dem Deutschen Beamtenbund als „Vorbild für ähnliche Bemühungen in der Bundesrepublik aufzuzeigen“ gedachte. So blieb es einem internationalen Expertengre-mium vorbehalten aufzuzeigen, daß es Österreich als einzigem Land Europas gelungen sei, die Beamtenzahlen heruniterzuzwingen, während in Schweden jährlich um 4,1 Prozent, in Großbritannien um 2,2 Prozent und in Deutschland um 3,7 Prozent die Beamtenapparate wuchsen. Retrospektiv stellte auch der österreichische Publizist Alexander Vodo-pivec in seinem Buch „Der verspielte Ballhausplatz“ unter anderem wörtlich fest: „Im Bereich der Rationalisierung der Verwaltung und des

öffentlichen Dienstes wird das Kabinett Kreisky froh sein müssen, wenn es ihm gelingt, eines der größten Wunder der Regierung Klaus fortzusetzen — den gelungenen Versuch, die Gesamtzahl der öffentlich Bediensteten bei steigenden personellen Mehraniordeirungen auf verschiedenen Einzelsektoren, etwa im Unterrichtsministerium oder bei der Post, zu vermindern.“

Der Dienstpostenplan für das Jahr 1971 liegt nunmehr vor. Zum erstenmal seit Jahren wurden nicht nur keine Beamten eingespart, sondern es erfolgte im Gegenteil eine Erhöhung um 3130 Dienstposten — um mehr als die Hälfte dessen, was in den letzten Jahren eingespart wurde. Das bedeutet an reinen Lohnkosten um rund zweihundert Millionen Schilling und an gesamten Arbeitsplatzkosten um 350 Millionen mehr. Das führte dazu, daß rund 36 Prozent der Gesamtausgaben des

Staatshaushaltes, nämlich 40,7 ME-Ii arden Schilling, nunmehr auf den Personalaufwand entfallen. Die große Oppositionspartei hat denn auch angesichts dieser exorbitanten Personalsteigerungen begonnen, scharf zu schießen. Kreisky verantwortete sich mit dem Hinweis auf die Arbeitszeitverkürzung, das Erfordernis der verstärkten Lehrereinstellung und die Durchführung der Volkszählung 1971. Dies Ist — schlicht gesagt — reine Augenaus-wdscherei, um nicht von Demagogie zu sprechen. Denn 300 zusätzliche Posten werden für die Volkszählung benötigt. Gut. Was die Arbeitszeitverkürzung anlangt, so betrug die wöchentliche Arbeitszeit in den zentralen Dienststellen weniger als 45 Stunden, und gänzlich verfehlt ist das Argument imit der steigenden Lehrerzahl. Schließlich wurden unter der Regierung Klaus weit mehr Lehrer eingestellt, ohne daß dadurch die Gesamtzahl der Bundesbedien-steten in die Höhe gegangen wäre.

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