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Wirtschaftskommentar
Dl Wirtschaffsflucht junger Akademiker, deren Ausbildung dem österreichischen Volk (jedem einzelnen und nicht dem Staat) außerordentlich hohe Summen kostet, hat einen bedenklichen Umfang erreicht. Nicht nur in Österreich, auch in der Bundesrepublik Deutschland. Im Verhältnis zu den fertig gewordenen bundesdeutschen Wissenschaftlern und Technikern betrug die entsprechende Emigration deutscher Jungakademiker in einem Vergleichsjahr 8,2 Prozent. Bereits jetzt muß die Bundesrepublik ine negative Patent- und Lizenzbilanz in Kauf nahmen. Im Zeitraum 1957 61 ist die Ausfuhr von „Know- how (das heißt im allgemeinen der Lizenzen und Patente) im Vergleich zu den fünf vorausgegangenen Jahren um 25.000 Einheiten zurückgegangen. Man führt diesen Rückgang vor allem auf die Tatsache zurück, daß aus Deutschland stammende Erfinder ihr Können nun dem Ausland zur Verfügung stellen und dieses deutsche Wissensgut, vergegenständlicht etwa in der Form von Patenten, dem Land, in dem das Erfinderwissen begründet worden ist, verkauft wird.
Wirtschaftliches Wachstum ist nicht allein von der Größe des Sachkapitals bestimmt, sondern auch und dies in einem steigenden Umfang angesichts der Verwissenschaftlichung der Produktion, vom „Kapital" Mensch. In den Entwicklungsländern soli das Wachstum (nach analytischen Untersuchungen) sogar mit 60 bis 70 Prozent vom technischen Fortschritt bestimmt sein. Daher wird in der Bundesrepublik Deutschland der „Export" von unmittelbar einsatzfähigen jungen Wissenschaftlern und Technikern mit einem gegenleistungslosen Abfluß von Kapital (von Bildungskapital) gleichgesetzt.
Wie sehr die Wirtschaffsemigration einen Niederschlag Im relativen Ausmaß der Spitzenleistungen, die mit dem Nobelpreis honoriert werden, zu finden vermag, zeigt nachstehender Tabellenvergleich, den eine deutsche Zeitung publiziert hat, wobei ein Vergleich 1945 bis 1960 auch für ösfer-
Der Anfangsgehalt, den ein Wissenschaftler in einem internationalen Forschungsinstitut erhält, ist um 22 Prozent höher als in der BRD; in
der höchsten Stuf sogar um 118 Prozent. überdies gibt es in der BRD den für Zweckforschung eingesetzten Wissenschaftler im Katalog der amtlichen Tätigkeitsmerkmale gar nicht.
Nicht nur ähnlich wie in der BRD, sondern noch erheblich schlechter ist die Situation in Österreich. Wenn etwa unsere Techniker abwandern, dann nicht wegen des fehlenden menschlichen Klimas. Im Gegenteil; dieses Klima ist für manche der einzige Grund, trotz unzureichender wirtschaftlicher Bedingungen im Land zu bleiben.
Was fehlt, ist eine dem Wissen etwa eines graduierten Technikers entsprechende Honorierung. In vielen Unternehmungen wird die Spitze von einem Gremium von Angehörigen der Eigentümersippe gebildet. Erst in der zweiten Garnitur — und dementsprechend tief in der Gehaltsskala — werden „Fremde zugelassen. Was nützt daher der mit Einsatz von hohen Quoten des Sozialproduktes vorzunehmende Ausbau der Hochschul Institute, wenn man für das „Endprodukt" keinen angemessenen Preis zahlen will. Hat man die Absicht, durch d n Ausbau der Hochschulen lediglich die Zahl der Akademiker, das heißt die Größe ihres Anbots, zu steigern, um auf diese Weise eine Art Marktgesetzlichkeit wirksam werden zu lassen mit ihrem Niederschlag in entsprechend niedrigen Löhnen? Soll unser Land in der internationalen Lohnstruktur die unteren Ränge einnehmen? Will man alles mit dem falschen Schillingkurs erklären?
Auch die Arbeitsbedingungen, die jungen Wissenschaftlern in der BRD geboten werden, lassen (siehe „die Entscheidung" 5 66 Monschau) noch sehr zu wünschen übrig. Vor allem wird über die fast militärische Disziplin geklagt, die Vorgesetzte von jungen Wissenschaftlern verlangen.
Vielleicht kann man Gleiches nicht für Österreich sagen. Sicher aber bedarf das sogenannte „Betriebsklima", das man jungen Akademikern bietet, einiger Verbesserungen. Nicht wertige Akademiker werden In den Betrieben und in der öffentlichen Verwaltung mH Aufgaben betraut, die besser minderqualifizierte (und daher auch weniger zu honorierende) Angestellte verrichten könnten.
Der Wille zum Ausbau der hohen Schulen — koste, was es koste — sollte verbunden sein mit der Absicht, die Hochschulabsolventen angemessen zu beschäftigen und zu honorieren. Auf diese Weise wäre ine Proportion zwischen dem investierten Bildungskapital und der in der Entlohnung ausgewiesenen Amortisation gesichert, eine Amortisation, die einerseits als Lohn dem Ausgebildeten zukäme und anderseits als Beitrag zum Sozialprodukt dem Ganzen der Volkswirtschaft. Geschieht dies nicht, sind weiter die Antangsgehälter der Jungakademiker wenig attraktiv, ist die materielle Hochschulreform nicht nur sinnlos, sondern stellt eine permanente Subventionierung des Auslandes dar, das junge Arbeitskräfte und dadurch gespeichertes Wissenskapital kostenlos erhält. Für Dauer, ohne daß wir Gleiches in einem Tauschverkehr angeboten erhielten. Im Gegenteil: Ein Wissen, dessen Vermittlung mit österreichischem Geld finanziert worden ist, wird in Form von feuer zu bezahlenden Patenten an Österreich verkauft. Eine Groteske, an der nicht das Ausland schuld ist, sondern jene, welche nicht geneigt sind, Lohnhierarchie und Leistungshierarchie aufeinander ab- zusfimmen und eine kommerziell praktikable Vorbildung als eine abzugeltende Vorleistung anzusehen.
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