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Zwischen Vatikan und Kreml

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DER VATIKAN UND DIE SOWJETUNION. Von Maxime M o u r 1 1 n. Nymphenburger Verlagshandlung. 384 Seiten. DM 24.—.

Maxime Mourlin, ein Spezialist für neue Probleme der Diplomatie und Zeitgeschichte, legt hier sein neuestes Werk vor, das die Beziehungen zwischen der kommunistischen Welt und dem Heiligen Stuhl zum Gegenstand hat. Es ist ein wechselvoller Ablauf, der allerdings immer von einer Grundvoraussetzung her sich gestaltet hat, nämlich von der Unvereinbarkeit der beiden. Trotzdem haben beide Mächte, der Kreml wie der Vatikan, es in der realpolitischen Wirklichkeit mitunter für notwendig erachtet, sich unter gewissen Voraussetzungen nicht einfach zu ignorieren oder sich nur feindlich gegenüberzustehen. Schon bald nach der Machtergreifung der Bolschewiki im Jahre 1917 schien es für beide Seiten vorteilhaft, ein koexistenzielles Arrangement zu finden. Mit der Steigerung des Kirchenkampfes in der Sowjetunion fror der Verständigungswille wieder ein, um dann in gewissen Phasen des zweiten Weltkrieges, in denen die UdSSR mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, erneut aufzutauen. Mit der Eingliederung der osteuropäischen Staaten, in denen Millionen Katholiken lebten, in die sowjetrussische Machtsphäre, ergab sich neuer Konfliktstoff für das Verhältnis zwischen Papsttum und den Machthabern in Moskau. Mit Papst Johannes XXIII. und dem jovialen, unberechenbaren

Chruschtschow auf der anderen Seite, die beide für eine „Öffnung“ waren, wurde der Anstoß für eine neue Entwicklung gegeben, die auch im Pontifikat Papst Pauls VI. sich fortzusetzen scheint.

Das Buch ist mit großer Sachkenntnis und Akribie geschrieben und stützt sich zum Teil auf unveröffentlichtes Material, zum Teil auf Quellen, die in zahlreichen Veröffentlichungen verschiedenster Richtung, sowohl diesseits als auch jenseits des Eisernen Vorhangs erschienen sind. Der flüssige Stil und der Faktenreichtum können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß noch zahlreiche Unklarheiten bestehen und eine Aneinanderreihung von Ereignissen — wie gegenseitige Besuche, der Austausch von Botschaften, die verschiedenen Polemiken um strittige Fragen usw. — noch lange nicht die Bezeichnung „Geschichte“ verdient. Aber immerhin ist ein Feld aufgepflügt, an das man sich bisher nicht so recht herangewagt hatte. Wichtig scheint dem Rezensenten, daß der Verfasser die Rolle der russisch-orthodoxen Kirche zwischen Rom und Kreml aufgezeigt hat sowie auf den Einfluß der aktiven Minderheiten, der Verfechter des Integrationsgedankens in Rom und der starren Dogmatiker im Kreml, gebührend hingewiesen hat.

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