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Englische Waffen am Kap

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Die Förderung afrikanischer Einheit und Zusammenarbeit sowie die Gestaltung eines spezifisch afrikanischen Charakters, das sind die lobenswerten Ziele, die sich die Organisation afrikanischer Staaten ursprünglich setzte und auf ihrer letzten Gipfelkonferenz in Addis Abeba neuerlich betonte. Aber sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Einheit Afrikas auch jetzt noch kaum mehr ist als ein frommer Wunsch, und daß die Organisation bei ihren Versuchen, manche der größten Probleme Afrikas zu lösen, keine sonderlichen Erfolge aufzuweisen hat. Trotz allem, was sie geschichtlich miteinander verbindet, sind die afrikanischen Staaten zu heterogen in ihrer Struktur und ihren Interessen, als daß sich von Einheit viel erkennen ließe. Ja, das ednzige, was die Mitgliedstaaten der Organisation wirklich vereint, ist ihre entschiedene Opposition gegen die weißen Regime im südlichen Teil Afrikas. Die Möglichkeit, daß die neue britische Regierung Waffenlieferungen an Südafrika zum Zwecke der Landesverteidigung wieder zuläßt, hat der Debatte über die weißen Regimes neuen Auftrieb gegeben. Kaiser Haue Selassie, der hochgeachtete Vorsitzende der Konferenz, hat vielleicht nicht völlig vergessen, daß er die Wiedererlangung seines Thrones britischen und südafrikanischen Truppen verdankt, die sein Land im letzten Kriege von der italienischen Besetzung befreiten. Aber er hat jetzt erklärt: Sollte England wieder Waffen an Südafrika liefern, dann wäre das ein flagranter Verstoß gegen Resolutionen des «Weltsicherheitsrats. Aber die Konservativen haben, als Regierungspartei wie in der Opposition, immer wieder betont, sie würden kein Verbot für Waffenlieferungen anerkennen, die lediglich für Zwecke der Landesverteidigung bestimmt sind. Denn sie vertreten nach wie vor den Standpunkt, daß England an der Verteidigung des Seeweges um das Kap der Guten Hoffnung militärisch interessiert ist und daß das britischsüdafrikanische Abkommen über den Flottenstützpunkt Siimonstown Waffenlieferungen erforderlich macht.

Es steht außer Frage, daß die Regierung Heath überrascht war zu sehen, wie scharf verschiedene Commonwealth-Länder — und nicht nur afrikanische — auf diese Haltung reagiert haben, und sie hat sich noch nicht zu einer Wiederaufnahme von Waffenlieferungen verpflichtet. Offensichtlich will! sie vermeiden, daß irgendwelche ihrer Beschlüsse als Unterstützung einer Rassenpolitik ausgelegt werden, auch wenn sich das noch so wenig rechtfertigen ließe. Die Regierung legt auch Wert auf die Verbindungen zu den anderen Commonwealth-Ländern und muß die Möglichkeit politischer und wirtschaftlicher Repressalien im Auge behalten. Aber viele Konservative würden es bedauern, wenn die Regierung ein Wahlversprechen nicht einhielte, und sie dürften der Meinung sein: Commonwealth-Länder, die jedesmal mit dem Austritt drohen, wenn Englands Kurs ihnen nicht genehm ist, haben dem Commonwealth vielleicht wenig zu bieten.

Was hierzulande etwas Verwunderung und Befremden hervorgerufen hat, ist die Tatsache, daß afrikanische Länder die britische Regierung angreifen, weil sie vielleicht Waffenlieferungen an Südafrika zulassen wird, aber schon seit langem die Waffenlieferungen durch andere Staaten, besonders Frankreich, geflissentlich ignorieren. Manches deutet darauf hin, daß sich einige Mitgliedstaaten der Organisation für Afrikanische Einheit dieser Inkonsequenz bewußt geworden sind; so hat der Generalsekretär der Organisation jetzt verschiedene Länder aufgezählt, die Südafrika militärisch und wirtschaftlich helfen, und sie scharf verurteilt.

In der Frage von Waffenlieferungen an Südafrika sieht sich die britische Regierung zweifellos vor einer schwierigen Entscheidung.

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