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Vorrang für TV-Duelle
Sie saßen im grellen Scheinwerferlicht und wußten Millionen Augen auf sich gerichtet: der Vizekanzler und „eiserner“ Kern der Regierungspartei — und der charmante, diplomatische Chef der Opposition: Withalm und Kreisky lieferten sich das erste Vier-Augen-Duell der österreichischen TV-Geschichte.
Sie saßen im grellen Scheinwerferlicht und wußten Millionen Augen auf sich gerichtet: der Vizekanzler und „eiserner“ Kern der Regierungspartei — und der charmante, diplomatische Chef der Opposition: Withalm und Kreisky lieferten sich das erste Vier-Augen-Duell der österreichischen TV-Geschichte.
Form und Vorbild entlehnte der österreichische Rundfunk aus dem Ausland. Die inzwischen in die Fernsehgeschichte eingegangene TV-Diskussion zwischen den Präsidentschaftskandidaten im US-Wahlkampf von i960, Kennedy und Nixon, fand in vielen anderen Ländern ihre Kopie und präsentierte sich nun auch dem heimischen TV-Teilnehmern. Nixon war damals unterlegen, weil er nicht mediumgerecht in der entscheidenden, von 80 Millionen Wahlberechtigten verfolgten TV-Debatte, aufgetreten war. Er hatte sich zu sehr auf den Inhalt seiner Aussagen konzentriert und versucht, rhetorisch zu glänzen, Kennedy hingegen hatte die Emotion angesprochen und sein strahlendes Lächeln zur „Trade-Mark“ gemacht
In Österreich hatte die politische Auseinandersetzung in der alten Rundfunkära vor allem aus der Chefredakteurdiskussion bestanden, in der Parteijournalisten und unabhängige Redakteure Standpunkte pointiert hatten. Überdies stellten die „Stadtgespräche“ unter der Leitung von Dr. Zilk aktualitätsbezogene Konfrontation über politische Probleme dar. Die Parteien begnügten sich in diesen Sendungen in der Koalitionsära auch primär darauf, ihre Standpunkte darzulegen — ohne daß der Rundfunk von sich aus zur Klärung der diskutierten Probleme beigetragen hätte.
Gerd Bachers reformierter ORF erkannte bald, daß die Diskussion nicht im Vordergrund zu stehen habe, wenn man seine Informationspflicht ernst nahm. Langsam aber sicher schliefen die politischen Diskussionssendungen ein — und niemand trauerte ihnen nach.
War es immer als Mangel empfunden worden, daß der Teilnehmerkreis der Journalistendiskussion zu groß war, so wurde auch in der Öffentlichkeit allzubald klar, daß etwa das Publikum in den Stadtgesprächesendungen „bestellt“ war, und teils aus unterstützenden Satelliten der Parteipolitiker, anderseits aus Querulanten bestand. Dr. Zilk konnte nie verhindern, daß sich die „Interessenten“ schon um 7 Uhr morgens um Karten für die Sendungen anstellten und die Publikumsdiskussion zu manipulieren versuchten.
Auch etwa die Diskussion der Klubobmänner mit Parlamentsredakteuren litt unter dem Mangel ungeschulter Diskussionsleitung und Zersplitterung des Themas.
Bachers neues Team sann daher nach neuen Formen: man erfand den ORF-Report, in dem die drei Spitzeninterviewer des Rundfunks — näml ich Informationschefredakteur Dalma, TV-Aktueller-Dienst-Chef Kreuzer und Hörfunk-Reporter Doktor Bock Politiker zu aktuellen Themenkreisen interviewten. Diese Form der Information hat den Vorteil, daß nicht von den Politikern diskutiert wird, sondern daß ein ganzer Themenkreis durch ein Frage-und-Anitwort-Spiel behandelt wird. In den angelsächsischen Ländern existiert als Vorbild die Sendeform des „Meet-the-press“ — in der Journalisten Politikern Fragen stellen. Nun freilich ist zum erstenmal das politische Streitgespräch — in diesem Fall auf Initiative von Dr. Kreisky — zur Stilform des heimischen Fernsehens geworden. Man präzisierte das Thema — die „Vierzigstundenwoche“ — und schickte zwei Politiker mit gegensätzlichen Standpunkten vor die Kamera. Moderator Dr. Nußbaum fungierte nur als „Themen-abgrenzer“ und Worterteiler.
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