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Zwischen 1848 und 1867

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Nach der Revolution von 1848 war die Habsburgermonarchie zwar zunächst nur kurze Zeit ein Verfassungsstaat. Die Restauration und auch Reaktion des Neoabsolutismus führte sie von der liberal-demokratischen Bahn wieder zurück in die alten Geleise eines zentralistischen und absolutistischen Einheitsstaates. Trotzdem ist in der kurzen, so bewegten Spanne Zeit von 1848 bis zum Tod des Ministerpräsidenten Fürst Felix Schwarzenberg der Grund für alle weiteren Entwicklungen im staatlichen Leben Österreichs gelegt worden. In ihr begann Innenminister Alexander Bach die Schaffung des neuzeitlichen Verwaltungsapparats, der nicht nur ihn, sondern auch die Monarchie überlebt hat. Die Errichtung der Ministerien fällt ebenso in sie wie die Anfänge der Thunschen Unterrichtsreform oder die innerstaatliche Revision des Josephinismus als Voraussetzung für den Abschluß des Konkordats von 1855. Wenn nun auch noch der Ausbruch der Revolution selbst, ihre einzelnen Phasen mit ihrer zunehmenden Radikalisierung bis zum blutigen Oktober 1848, der Kampf um die Konstitution und die Lösung der deutschen Frage, die Hoffnungen und das Scheitern des ersten österreichischen Parlaments behandelt werden sollen, so ist jedem nur einigermaßen mit der Materie Vertrauten die Größe dieser Aufgabe, die Uberfülle der zu erfassenden und sichtenden Quellen bedrückend klar.

Friedrich Walter, der an Arbeitsund Darstellungskraft unübertreffliche Erforscher und SchUderer der Entwicklung der österreichischen Zentralverwaltung seit Maria Theresia, hat jedoch auch diesmal in erstaunlich kurzer Zeit eine bewundernswerte Leistung vollbracht. Die beiden nun vorliegenden, zusammen 800 Seiten umfassenden ersten Bände der dritten Abteilung der großen Geschichte unserer Zentralverwaltung enthalten jedoch weit mehr als nur sie. Sie sind die bisher umfassendste und genaueste Geschichte Österreichs von 1848 bis 1852 auf Grund der Akten der staatlichen Zentralstellen und ihrer verantwortlichen Leiter. Man findet daher in ihnen auch eine Fülle bisher unbekannten Materials, wie zum Beispiel den Wortlaut des Briefes, mit dem der berühmte tschechische Historiker und Politiker Franz Palacky die Übernahme des ihm im

Mai 1848 angebotenen Ministeriums für Kultus und Unterricht im Kabinett Pillersdorf ablehnte. Palacky, damals noch ein überzeugter Anhänger und Freund der Habsburger-moniarchie, bekannte zunächst seinen guten Willen und seine Loyalität, zumal „die Interessen des angestammten Kaiserhauses und die des böhmischen Volkes seit dem 15. März nicht mehr divergierend, sondern aufs innigste verbunden, ja beinahe identisch seien; ein freies Böhmen sei ohne ein mächtiges und starkes Österreich unmöglich und umgekehrt“. Seine Ernennung zum Minister würde aber im In- und Ausland als Erklärung der Regierung zugunsten des Slawismus aufgenommen werden, was jedoch gerade im Hinblick auf die im Frankfurter Parlament behandelten offenen Fragen in dieser Richtung ganz unzweckmäßig wäre. Er selbst könne das Ministerium nur unter klaren und eindeutigen Verhältnissen annehmen.

Ähnliche interessante Novitäten und Details, wie zum Beispiel die von Bach erfolglos beantragte Betrauung Franz Grillparzers mit der „Verfassung einer neuen Volkshymne“, könnten zur Beleuchtung von damals erkannten und „versäumten Möglichkeiten“ aus dem Werk Walters noch in beliebiger Zahl angeführt werden. Trotz ihrer erfreulicherweise meist mit wörtlichen Zitaten belegten reichen Wiedergabe ist es Walter aber auch gelungen, die wesentlichen Elemente der historischen Entwicklung klar herauszuarbeiten und eindringlich zu beschreiben. Es gibt keine bessere Charakterisierung Alexander Bachs oder des jungen Franz Joseph und des tragischen Irrwegs, den dieser unter der Führung des Freiherrn von Kübeck eingeschlagen hat. Es kann dem Verfasser daher zu diesem seinem neuen großen Werk nur aufrichtig gratuliert und für seine weitere Arbeit, die Vollendung der Erforschung und Darstellung der Geschichte der österreichischen Zentralverwaltung bis 1918, die gleiche Ausdauer und Schaffenskraft wie bisher gewünscht werden.

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