Turbulenzen um Steuern, Regeln und Banken

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Die Faktenlage und die Meinungen rund um die Fiskalpolitik scheinen vollends unübersichtlich zu werden. In Europa wird der Kampf gegen die Steuerhinterziehung verschärft. In Wien lädt Bundeskanzler Faymann zu einem Bankengipfel. Strittige Vorschläge kommen auf den Tisch. Die Unternehmen hoffen hingegen auf Hilfe bei Investitionen.

Frankreich macht es vor, aber noch macht es keiner nach. Im „Windschatten einer Steueroffensive der OECD“ (NZZ) veröffentlichte die Regierung in Paris diese Woche eine Liste mit den Namen von 18 Staaten, die als Steuerparadiese gelten und mit den Behörden „nicht kooperieren“. Angesichts der intensiven Bemühungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris, Steuerflucht und Steuerhinterziehung in Übersee einzudämmen, mutet den Beobachtern der Schritt in Paris eher wie symbolische Politik an. Aber er ist jedenfalls geeignet, die Entschlossenheit von Frankreichs Präsident Sarkozy im Kampf gegen die Irregularitäten im Finanzsektor zu dokumentieren. Mit der Eindämmung von Steuerhinterziehung wollen Staatschefs wie Sarkozy oder US-Präsident Barack Obama die Banken zugleich mit einer Abgabe zur Kasse bitten. Sie sollen sich an den von ihnen mitverursachten Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise beteiligen. Genau dieses Thema steht ebenfalls auf der Agenda, wenn Bundeskanzler Werner Faymann am kommenden Montag die Chefs der Banken am Ballhausplatz zu einem Bankengipfel empfängt.

Nationalbank berechnet Modelle

Man werde sich dem Ruf des Kanzlers nicht entziehen, verlautete aus Bankenkreisen. Im Klartext: Die Vorstände werden erscheinen, wollen sich allerdings nicht vorführen lassen und erwarten keinerlei konkretes Ergebnis, selbst wenn die Österreichische Nationalbank derzeit Modelle einer solchen Sondersteuer durchrechnet. Aber ein Alleingang Österreichs, einen niedrigen Anteil der Bilanzsumme als neue Steuer abzuführen, scheint unwahrscheinlich bis ausgeschlossen. Sowohl die Banker als auch Wirtschaftsvertreter äußern zwar Verständnis für die Kritik an den Banken, melden aber zugleich andere Themen für den Gipfel an.

So meinte Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sowohl in einem ORF-Interview als auch bei den Wiener Wirtschaftsgesprächen, es müsste möglich werden, dass Banken „in eine geordnete Insolvenz gehen können“. Das sei nur eine von mehreren regulatorischen Maßnahmen, die er für nötig erachte. Diese beträfen strengere Regeln für die Finanzwirtschaft, ein Verbot des Bankengeschäftes mit Sicherheiten und eine neue Verteilung von Risiken, die nämlich bei den Unternehmen lägen und nicht bei Managern der Banken. Eine Besteuerung der Banken wäre eine „populistische Maßnahme“, die – bei allem Verständnis über den Ärger der Öffentlichkeit über die Banken – nicht zur Bewältigung der Krise beitragen würde, sondern lediglich zur Umverteilung von den Banken zum Staat. Eine neue Steuer auf Finanztransaktionen wäre eine „sehr schöne Sache“, meinte Treichl bei den von Erste Bank und Wirtschaftskammer veranstalteten Gesprächen, aber „es gibt keine reelle Chancen, dass die USA mittun“.

Verbunden mit einer Absage an eine Bankensteuer meldet Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer, ein gänzlich anderes Thema für den Bankengipfel an: Eine Prämie soll die Müdigkeit bei den Investitionen bekämpfen. Einer Studie der Kammer und der Förderbank aws zufolge hat im Vorjahr nur ein Viertel der Betriebe größere oder mittlere Investitionen getätigt. Nur ein Fünftel der heimischen Unternehmen will heuer das Volumen an Investitionen steigern. Die krisenbedingte Zurückhaltung sei bei kleinen Unternehmen mit weniger als neun Beschäftigen besonders stark. Dem müsse, so Leitl auch gegenüber der FURCHE, nun kräftig gegengesteuert werden. Das von ihm geforderte Mittel laute Investitionszuwachsprämie. Deren neuerliche Einführung werde die Wirtschaft beim Bundeskanzler einfordern. Das sei eine Prämie in der Höhe von zehn Prozent auf zusätzlich getätigte Investitionen, deren Finanzierung den Staat keineswegs belaste. Die Mittel dafür sollten aus dem nicht ausgeschöpften, mit 250 Millionen Euro dotierten Topf für die vorzeitige Abschreibung für Abnützung kommen.

Der Bankengipfel am Montag in Wien könnte auch noch aus einem anderen Grund unversehens zu einem Steuergipfel werden: Das Finanzministerium erwartet in seiner Steuervorschau bis 2013 höhere Einnahmen bei Produktions- und Importabgaben. Vermutungen, es handle es sich um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wurden umgehend dementiert.

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