Kampf der Krise an der europäischen Basis

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Was tun gegen die Wirtschaftskrise? Handeln, antworteten hunderte Teilnehmer aus zwei Dutzend europäischen Ländern bei einer Konferenz der Regionen in Salzburg.

Die Wirtschaftskrise reißt „gewaltige Löcher“ in die Haushalte der Regionen und Kommunen. Es war eine ernüchternde Bilanz, die Salzburgs früherer Landeshauptmann Franz Schausberger (oben) zog, als er kürzlich im Salzburg Congress Center die 5. Konferenz Europäischer Regionen und Städte eröffnete. Hunderte Politiker und Fachleute aus über zwei Dutzend europäischen Ländern berieten, wie Wirtschaft mit Politik verknüpft, wie der Wirtschaftskrise begegnet werden könnte.

Das Defizit der Haushalte der deutschen Bundesländer erhöhte sich in den ersten drei Monaten des heurigen Jahres im Vergleich zu jenen des Vorjahres um 10,2 auf 13,4 Milliarden Euro. Ähnlich hart wurden die österreichischen Länder und Gemeinden getroffen, wie Schausberger anhand aktueller Zahlen berichtete.

Im Vorjahr verzeichneten die Länder noch Mehreinnahmen von 450 Millionen Euro, heuer erwarten sie Mindereinnahmen von 802 Millionen Euro. Ähnlich die Gemeinden: Um 280 Millionen Euro höhere Einnahmen des Jahres 2008 stehen um 524 niedrigere Einnahmen aus Steuern des heurigen Jahres gegenüber. Und im nächsten Jahr fehlen den Ländern 1,7 Milliarden, den Gemeinden rund eine Milliarde Euro. Die Regionen und Gemeinden könnten dies nicht durch Einsparungen allein ausgleichen, müssten daher Kredite aufnehmen. Lokale politische und wirtschaftliche Initiativen, unterstützt durch Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank und der Staaten, könnten helfen, den Abwärtstrend zu stoppen.

Die Zentralisierung sei jedenfalls, so Schausberger, die falsche Antwort. Wäre sie dies, hätte die zentralistische Planwirtschaft die billigste Verwaltung hervorgebracht, was jedoch keineswegs der Fall gewesen sei. Die Zentralregierungen seien hingegen oftmals finanziell und administrativ überfordert, vor allem ehemals kommunistische Länder seien daher zu Dezentralisierung und Regionalisierung übergegangen.

70 Milliarden der Investitionsbank

Die Europäische Investitionsbank pumpt heuer und nächstes Jahr jeweils 70 Milliarden Euro in die EU-Programm JESSICA, JEREMIE und JASPERS. Hinter den blumigen Namen verbergen sich die Aktionen für Städte, Klein- und Mittelunternehmen sowie für Regionen. Inhaltlich werden diese enormen Beträge vor allem für Energiesparen, gegen den Klimawandel und für Infrastruktur eingesetzt, erläuterte Matthias Kollatz-Ahnen, Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank bei seinem Vortrag in Salzburg.

Der hohe Mitteleinsatz der Europäischen Union könne allerdings die teils krassen Unterschiede in der regionalen Entwicklung verschärfen, befürchtete Staatssekretär József Czukor aus Budapest.

Die Politik der Union würde vor allem die Gesamtentwicklung der einzelnen Staaten im Auge haben, daher kleineren Regionen weniger an Aufmerksamkeit widmen. Zudem sei am Beispiel Ungarns der Eindruck entstanden, das industriell besser entwickelte Westungarn sei stärker von der Krise betroffen als Ostungarn. Nun werde mehr Geld in den westlichen Landesteil gepumpt, womit dann nach Bewältigung der Krise die Unterschiede noch größer seien als zuvor.

Die Folgen der Krise seien, so Czukor, in allen Regionen ähnlich, träfen aber die neuen Mitgliedsländer der EU härter als die alten. Denn die Produktionsbetriebe, die oftmals im Osten lägen, würden die im Westen befindlichen Mutterbetriebe bevorzugen. Zudem würden noch immer „bedeutende Gewinne“ der Geldinstitute in Osteuropa zur Konsolidierung der Mutterbanken verwendet werden.

Eine der Erfahrungen aus der Krise für die regionale Ebene sei daher die Notwendigkeit zunehmender Selbstständigkeit und der Vertiefung der Zusammenarbeit. Der globale wirtschaftliche Druck könne durch Mobilisierung der regionalen Kontakte, der regionalen Banken, der örtlichen Energieverbände und durch makroregionale Planung gemildert werden, sagte Czukor – unter heftigem Schlussapplaus.

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