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FRIEDRICH WELZ / KUNSTFÖRDERUNG IM ALLEINGANG

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„Amt/icherseits”, wie es so schön heißt, kann man zuweilen ein leicht unbehagliches Erstaunen nicht verbergen, wenn geistige Privatinitiative bestimmte Themen allgemeinen Interesses aufgreift und ihr Vorhaben durchführt, dynamisch, den freien Blick nicht durch die Warnschilder der Kompetenzgrenzen beengt. Zum Glück gibt es in Österreich immer wieder „Spinner” und Autodidakten, die im Alleingang Kulturtaten setzen, obwohl die meisten von ihnen auf Grund ihrer Zeugnisse im öffentlichen Dienst nur „C-Beamte” hätten werden können.

Zu diesen Persönlichkeiten von eigenen Gnaden gehört Friedrich Welz, seinem bürgerlichen Beruf nach Kunsthändler — eine Bezeichnung, die der nunmehr Sechzigjärige nicht gern hört und mit der unwirschen Bemerkung quittiert: „Von irgendetwas muß ich ja leben und meine Galerie erhaltenl” Im eigentlichen Sinn aber ist Welz Sachwalter der modernen Kunst, Initiator, Organisator, Stifter ersprießlicher Unruhe in seiner Heimatstadt Salzburg, ein Mann vom Geist Ambroise Vollards. „Es war noch ein sehr stilles Salzburg, in dem ich geboren wurde”, die Stadt Trakls, des Mozart-Fests von 1907 und der Dampftramway nach Hellbrunn. Vater Welz hatte in der Sigmund-Haffner-Gasse eine Vergolder- und Rahmenmacherwerkstätte, und der Sohn wechselte nach vier Klassen Realschule zum familiär überlieferten Handwerk über.

Berufliche Reisen durch ganz Europa, von Irland bis in die Türkei, weckten sein aktives Interesse an der bildenden Kunst. Autodidaktische Studien eröffneten ihm immer neue Aspekte. 1934 gestaltete er den Salzburger Vergolderladen in eine Galerie um, ein Jahr später bot er einem jungen Bildhauer namens Fritz Wotruba Gelegenheit, seine Plastiken zu zeigen. Wenn Friedrich Welz heute geistige Bilanz zieht, dann ergibt diese weit über dreihundert Ausstellungen, viele davon markante Punkte im österreichischen Kulturleben. Von Klimt, .Schiele, Kokoschka, Faistauer und Thöny, den Meistern seiner Jugend, ausgehend, wurde er ein unverdrossener Streiter für die zeitgenössische gegenständliche Kunst. Mit scharfem Blick weiß er zwischen echtem Talent und hohler Mache zu unterscheiden, wer ihn durch sein Können gewinnt, für den setzt er sich voll Energie ein.

1950 intensivierte er den Kontakt mit Kokoschka durch eine Einladung nach Salzburg. O. K. kam, sah, und malte die Stadt vom Kapuzinerberg aus, das Bild hängt jetzt in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung. Welz setzte dem Meister seine Idee auseinander, während der Festspiele auch ein Zentrum künstlerischen Schaffens aufzubauen. 1953 schließlich hielt die Sommerakademie ihre ersten Kurse ab, im Mittelpunkt Kokoschkas „Schule des Sehens” auf der Festung. Die Salzburger Landesregierung bestellte den Privatmann Welz zum Direktor, sie konnte das mit gutem amtlichem Gewissen tun, denn diese Schule hat keinen Status. Dafür brachte Welz Lehrkräfte von Weltruf: Giacomo Manzü, Ewald Matarė, Roland Rainer, Richard Neutra. Kokoschka hielt der Sommerakademie in diesen zehn Jahren die Treue, mit der Leitung der graphischen Werkstätte wurde Slavi Soucek, einer der begabtesten Künstler aus der „Salzburger Gruppe” betraut. Alljährlich versammeln sich im Juli und August etwa 500 Menschen bei den Kursen und Seminaren, mit Genugtuung weist Welz darauf hin, daß heuer die gesamte Sommerakademie mit ihren Werken auf der Biennale in Sao Paulo vertreten sein wird.

In konsequenter Erweiterung seines selbstgeschaffenen Programms gliederte er seiner Galerie einen Verlag an, in dem zwei repräsentative Kokoschka-Bücher und die Bände einer Kleinmonographien- reihe erschienen. Als Ausstellungsorganisator längst schon international anerkannt, schickte er heuer eine Kubin-Schau auf Wanderschaft durch Italien.

Die Salzburger Probleme, die Welz unmittelbar betreffen, sind in eine neue Phase getreten. Der Privatmann plädiert voll Entschiedenheit für die Schaffung einer offiziellen Kunstakademie mit normalem Schulbetrieb, in die Erörterungen über die Universitätsprojekte griff er, sehr zum Mißvergnügen der amtlichen Stellen, mit schwerem Geschütz ein: er mobilisierte Richard Neutra, der zum aktuellen Anlaß vor Pressevertretern aus seiner reichen Erfahrung bei der Planung von Universitätszentren sprach.

Dennoch will es zunächst scheinen, daß Welz, der, nicht einmal durch den Professorentitel einigermaßen legitimiert, nur sein Ansehen und sein sachliches Interesse in die Waagschale werfen kann, die vielbegangene Via Austriaca der Resignation elnschlagen wollte, Bel der Eröffnung der Hrdlicka-Ausstellung im Zwerglgarten fand er recht bittere Worte der Enttäuschung. Anderseits ist er wohl zu sehr mit den Themen engagiert, um im Schmollwinkel zu bleiben. Wir wollen es hoffen, denn das offizielle Österreich braucht immer wieder ,.unbequeme” Verhandlungs- partner...

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