
„Feminism WTF“: Gründe und Abgründe
„Feminism WTF“: Katharina Mücksteins neuer Film hat auf der Diagonale seine Österreichpremiere. Kritik und Versuch der Einordnung des Feminismus in der heimischen Filmszene.
„Feminism WTF“: Katharina Mücksteins neuer Film hat auf der Diagonale seine Österreichpremiere. Kritik und Versuch der Einordnung des Feminismus in der heimischen Filmszene.
What. The. Fuck. Wie oft denn noch? Wie oft wird man Feminismus noch erklären wollen? Sachbücher schreiben und Dokumentarfilme darüber machen? Doch wie beim Thema Klima-Kleber-Protest ist diese Frage in ihrer (Augen verdrehenden) Ausrichtung falsch gestellt. Sie sollte lauten: Was tue ich denn selbst konkret dafür, dass feministische Forderungen endlich obsolet werden? Tue ich genug? Und: Warum regt die Diskussion über Geschlechterverhältnisse eigentlich so schrecklich auf?
Anerkennenden Dank daher an die österreichische Regisseurin Katharina Mückstein, die ihre neue Arbeit „Feminism WTF“ ganz bewusst als „Bildungs- und Propagandafilm“ verstanden wissen will, wie sie selbst sagt. Wer mit dem feministischen Diskurs gut vertraut ist, dem bietet sie ein paar Vertiefungsmöglichkeiten; vor allem aber richtet sie sich damit an all jene, die für eine sonst und vielerorts sehr emotional geführte Debatte mit sachlich überzeugenden Argumenten gewappnet sein möchten.
Knallharte Fakten, motivierende Anstöße
Die nach dem Prinzip der „talking heads“ gefilmten Personen (d. h. lange, halbnahe Einstellungen, Kamera: Michael Schindegger) sitzen in jeweils unterschiedlichen, farblich monochrom gestalteten Räumen verlassener Bürohäuser. Die Erziehungsund Genderwissenschafterin Maisha Auma in pastelligem Gelb (Bild oben), die Politikwissenschafterin Nikita Dhawan in eisigem Blau, der Männerforscher Christoph May in rostbraunem Rot. Inmitten ehemaliger „Kapitalismus-Schauplätze“ patriarchaler Systeme also umhüllt von visuellem Zuckerlpapier servieren sie knallharte Fakten zum Thema, ernüchternde Erkenntnisse, aber auch motivierende Denkanstöße. Subtil gemeint, wirkt das in der Umsetzung doch eher bemüht. Per definitionem „eine mit einer sprachlichen Äußerung beschriebene Handlung zugleich vollziehend“, finden sich zwischen den Expert(inn)en-Interviews außerdem immer wieder performative Tanzeinlagen, zum Beispiel von der großartigen Choreograf*in Lau Lukkarila.
Wie aber tatsächlich aus dem Denkraum in die Handlungsrealität kommen? Etwas, das „Feminism WTF“ nur an zwei Stellen erahnen lässt, nämlich wenn Mückstein die Testanordnungen zweier verschiedener sozialer Experimente integriert. Hier wird annähernd greifbar, was Feminismus beziehungsweise das Fehlen feministischen Bewusstseins großflächig sozial bewirkt. So geht es selbstverständlich auch um die konkrete Sichtbarmachung feministischen Wissens, feministischer Vorbilder, emanzipatorischer Geschichten und Perspektiven.
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