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Adrienne von Speyr: Neueste Werke

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Korinther 1. Johannes-Verlag, Einsiedeln. 476 Seiten. Preis 25 sfrs.

Das nun schon über 20 Bände umfassende Lebens- v.erk der großen Laientheologin wächst in den vorliegenden Meditationen über Korinther 1 zu einer neuen leuchtenden Höhe empor. Aber auch das Vorwort, das Hans Urs von Balthasar dazu geschrieben hat, darf nicht übergangen werden. Denn wer könnt®? ein kongenialeres schreiben? Allen, die iiSpier wieder behaujten.įdafi die sublime Geistigkeit aer ‘‘Verfasserin nur ftir eine Elite des Geistes bestimmt sei, sagt Balthasar, daß es sich hier um „eines der einheitlichsten und am leichtesten zugänglichen Werke der Verfasserin” handle. Einheitlich, weil es ganz auf den einen Hörer zugesprochen ist, der für Christus gewonnen werden soll, nicht durch die Kraft des bloßen Intellekts, sondern durch die des gelebten Glaubens. Dadurch ist der eine Paulus über die tausend Schulmeister hinaus. In ihm war die Glaubenseinheit als Lebenseinheit. Sie war die Kraft, in der er die Gemeinde in Christus zu zeugen vermochte. „Nur das Leben ist fruchtbar.” Adrienne von Speyr deutet mit Paulus das Werk des Herrn vom Kreuze her und zeigt, daß ohne das Kreuz im Christentum alles unverständlich bleibt.

Das ganze Werk wird nicht bloß zu einer wunderbaren Begegnung mit dem Wort, das Fleisch geworden ist, sondern auch mit dem Geist und der Gestalt des hl. Paulus. Die Verfasserin folgt seinem Wort, deutet es nicht um, läßt sich ergreifen von seiner Freiheit dem Gesetz gegenüber, interpretiert aus einer theologischen Tiefenschicht heraus das hohe Lied der Liebe, kann aber auch ungemein konkret vom täglichen christlichen Leben reden. Adrienne von Speyr überschreitet die Linie der zünftigen Exegeten und läßt sich in der Meditation von den großen christlichen Mysterien überwältigen: von der Trinität, von Christus und seinem Kreuz, vom Brotbrechen, von der Kirche des Geistes und dem vollendeten Leben in der Auferstehung.

Dieses Buch in seiner edlen Form und ausgewogenen Sprache muß den religiösen Menschen von heute nicht nur ansprechen, sondern durch seine überströmende Fülle und Tiefe der Gedanken geradezu beglücken. Denn nirgends sind es Worte, immer das Wort, dem sie mit ihrem ganzen Schrifttum dient.

Christlicher Stand. Johannes-Verlag, Einsiedeln. 207 Seiten. Preis 14.80 sfrs.

Dieses Buch, das sich von den anderen der Verfasserin durch eine ganz streng durchgeführte Thematik abhebt, hat drei Kategorien von Menschen etwas Besonderes zu sagen: allen Berufenen; allen, die vor der Berufsentscheidung stehen; und allen, die eine Berufung zu erkennen und darüber zu wachen haben. Und so ist denn alles auf die Entscheidung, auf die Wahl gestellt. Kaum hat jemand Merkmale, Weg und Wirkung der Wahl in alle Lebenskreise hinein so bis ins Letzte verfolgt und ihre Schwierigkeiten aufgezeigt wie Adrienne von Speyr mit durchdringendem Scharfblick und vollendeter Darstellung es tut. Dem religiösen Menschen werden die Kapitel über den Beruf in den Evangelien, über den Beruf des Herrn, der Apostelnachfolger und Heiligen am meisten sagen. Nicht ohne Bewegung muß man lesen — zumal bis in die Gegenwart an den entscheidenden Posten viel zu wenig verantwortungsbewußte Männer stehen —, was die Verfasserin von den unabsehbaren Wirkungen einer verpaßten Lebensentscheidung sagt: „Daß dieser bestimmte Mann an diesem Posten steht, an den er eigentlich nicht hingehört, hat vielleicht seinen Grund darin, daß ein anderer, besser geeigneter sich geweigert hat. den Willen Gottes zu tun.., Aber weil die Menschen immer wieder versuchen, sich der Verantwortung zu entziehen, werden sie immer neue Wege ersinnen, die Notwendigkeit einer Wahl über- haupt’ii Zweifel zu ziehen und auch im Evnzelfall eine verpaßte Wahl zu rechtfertigen. Und es ist unvorstellbar, wie groß der Kreis derer ist, die durch diese Taktik in irrige Meinungen geraten.” (175)

Es ist durchaus kein moralistisches oder psycho- logisierendes Buch, aber vielleicht gerade deshalb so eindringlich, zumal für den Ordensmann. Für ihn werden jedes träge Denken aufreißende Dinge gesagt, die nicht leicht zu vergessen sind, weil sie ganz in die lebendige, gnadenhafte Mitte führen.

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